“Follow The Voice” ist die Nummer sechs des Indie- und Dream-Pop-Duos Kraków Loves Adana. Seit über zehn Jahren machen Sängerin Deniz Çiçek und Multi-Instrumentalist Robert Heitmann unter dem gemeinsamen Namen schon Musik, seit “Darkest Dreams”, das im letzten Jahr erschien, außerdem in kompletter Eigenverantwortung. Auch “Follow The Voice” wurde ohne Label-Abhängigkeit veröffentlicht.
Kraków Loves Adanas explorativer Klang, der sich gleich zu Beginn des Albums mit “All My Life” insbesondere nach innen wendet, hängt mit dieser neugewonnenen Unabhängigkeit zwar nicht unmittelbar zusammen – schließlich erkundeten und vertonten Kraków Loves Adana auch auf ihren ersten vier Platten schon ungehemmt das Unterbewusste – beeindruckt aber trotzdem aufs Neue.
Das liegt unter anderem an Çiçeks Stimme, die besonders in den Tiefen und mit Hall Texte transportiert, die sich durch zahlreiche Wiederholungen und subtile Wendungen mit der Zeit selbst entschlüsseln. Als Leitmotiv fungiert in “Follow The Voice” der Traum, als universeller Zustand zwischen Bewusstsein und Ohnmacht.
Metaphorische Texte, intensive Beats und ein gespenstisch eindringlicher Synthesizer erzeugen eine Atmosphäre, die einem Stephen-King-Roman gut stehen würde, entrückter 80er-Pastiche in Geschichten, die dem Unterdrückten Körperlichkeit verleihen.
Es fühlt sich an, als hätte eine unheimlich weit fortgeschrittene, künstliche Intelligenz einen Freiheitsdrang und ein Verständnis ihrer selbst entwickelt. Coming-of-Age, Erkundung der eigenen Existenz, Lust und Träume verschwimmen in einem kollektiven Mythos, der zwischen mantrahafter Emotionslosigkeit und euphorischer Endzeitstimmung irgendwie doch das Menschsein beschreibt.
Das Cover des Albums stattet das Ganze mit einem passenden Bild aus. Ob Ölgemälde oder robotische Existenz, als Projektionsfläche des menschlichen Dranges, sich selbst im eigenen Ebenbild etwas besser zu verstehen, stellt “Follow The Voice” die strikte Trennung zwischen Natürlichen und Artifiziellem in Frage.
Das Album kann als zweiter Teil von “Darkest Dreams” begriffen werden, das sich im letzten Jahr an ähnlichen Motiven abarbeitete, aber auf mehr Dissonanzen und eine grundlegende Tragik aufbaute, die in “Follow The Voice” eher in Optimismus umgeschlagen ist.
Und damit lässt sich vielleicht ein Fazit aus den letzten beiden Platten des Hamburger Duos ziehen: Dem Obskuren und seinen unterschiedlichen Ausprägungen nähert man sich nicht unbedingt durch lückenlose Beschreibung an, sondern durch eindringliche Wiederholung – und die hört sich großartig an.