Die US-amerikanischen Balkan-Popper Beirut geben umfassenden Einblick in ihre Findungsphase und bestätigen damit vor allem eines: Dass sie von Beginn an eine gemachte und extrem eigenständige Band sein wollten, und eben auch konnten.

Mit „Artifacts“ hat man eine bessere Vorstellung davon, wie groß der Fundus von Beirut tatsächlich ist. Sehr groß nämlich. Frontmann und Bandleader Zach Condon zaubert einfach mal 26 B-Seiten aus dem Hut, von denen nur die wenigsten ein solches Prädikat verdienen.

Man höre nur die grandiosen Trompeten in „Scenic World“, die für die Band zum Trademark wurden, oder das genial sehnsüchtige „Now I’m Gone“, mindestens genauso Aushängeschild für die osteuropäische Tragikkomödie, der Beirut nachstellen.

Die meisten Bands würden sich wünschen, auch nur einmal im Leben ein reguläres Album mit der Qualität von „Artifacts“ zu veröffentlichen – auch wenn davon längst nicht alles ungehört ist. „Elephant Gun“ erschien beispielsweise 2007 auf einer gleichnamigen EP, ebenso wie das Cover „O Leaozinho“ des brasilianischen Sängers Caetano Veloso.

Darüber hinaus gibt das Doppel-Album aber vor allem auch einen Einblick in das Seelenleben des jungen Condon, bevor er durch Europa tingelte, um seinen Sound zu finden. Umso beeindruckender, wie gereift seine Vorstellungen davor schon waren.

Die Liner Notes zu „Artifacts” sind hier nicht weniger als eine kleine Offenbarung. Condon erzählt, wie er im Alter von 11 Jahren “von schrecklicher Schlaflosigkeit geplagt wurde und viele einsame Stunden in der Nacht totschlug”. Zeit, in der er zunächst Musik mit einer Trompete, einer Drum-Maschine, einem Synthesizer und der akustischen Gitarre seines Vaters aufnahm.

“Sicily” ist ein solch schönes Zeugnis, mit ungelenken Drumcomputern und der Melancholie eines Schulabbrechers. Dass irgendwann danach eine Großtat wie „Trip Tide“ folgen würde, lässt sich mit „Artifacts“ nicht nur erahnen, sondern wunderbar nachempfinden.

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