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Spoon – Lucifer On The Sofa

Seit jeher ist es mit Alben von Spoon wie mit Umarmungen nach einem langen Arbeitstag: Man spürt erst, wie dringend man sie eigentlich gebraucht hat, sobald man sie tatsächlich bekommt.

Die Tatsache, dass die Plattenanzahl der Indie-Rocker nun die Zweistelligkeit erreicht hat, ändert nichts daran. Ein Jahr vor dem 30-jährigen Bühnenjubiläum erscheint “Lucifer On The Sofa” als zehntes Studioalbum der Band und wirkt dabei wie frisch aus dem Ei gepellt.

Zeitlos würden manche das nennen, was die Gruppe um das Gründungs-Duo Britt Daniel und Jim Eno geschaffen hat. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn, wenn Spoon-Alben auch die Zeitrechnung von Normalsterblichen als blödsinnig abtun, haben sie ihre eigenen Phasen und Perioden geschaffen: Die Band misst mit Emotionen statt mit Zeit.

Die Zeit des 2017er Vorgängers “Hot Thoughts” war beispielsweise noch eine schillernde und tanzsüchtige. Getrieben von Disco, Synth-Pop und Funk ging es um die Party des Lebens. Egal, ob man beim Tanzen vor purer Euphorie oder tiefster Traurigkeit weint.

Spoon schreiten allerdings schnell voran. Auch bei “Lucifer On The Sofa”: In den Schrank wurden Synthesizer und Discokugel verbannt, vielleicht werden sie ja irgendwann wieder hervorgeholt. Damit aber die Schranktür auch zugeht, müssen einige Dinge raus: Die Gitarre etwa, die wieder ihren dominanten Einsatz findet. Oder die nach Kippen stinkende Lederjacke. Denn die Band hat wieder zum Rock’n’Roll gefunden.

Direkt dazwischengeworfen: Spoon sind nach wie vor im Kern eine Indie-Rock-Band. Daher ist es eher eine freiere Interpretation von Garage-Rock, Blues und Classic Rock, die die Gruppe vorführt. Dafür aber eine spannende, die jegliche Klischee-Gefahren gekonnt mit einem saftigen Tritt aus dem Weg tritt.

Das erste Drittel der Platte ist dabei das lässigste: Da kommen tatsächlich Erinnerungen an Black Rebel Motorcycle Club oder auch die Black Keys auf, so kratzig-frech zeigen Spoon sich hier.

Dabei ist es nicht einmal der nur leicht verzerrte, aber dennoch kraftvolle Sound, der hier ausschlaggebend ist: Es ist eher die Verspieltheit in den Melodien, die sichtliche Freude im Songwriting und die angriffslustige Stimmung, die die Songs hervorstechen lassen.

Der organische Sound steht Spoon äußerst gut, treten dadurch doch die Qualitäten der Band als gestandene Musiker hervor, die wie ein feiner Wein mit dem Alter immer besser werden.

Zum Ende von “Lucifer On The Sofa” lässt die Band dann doch wieder etwas von der (für Spoon-Verhältnisse) harten Breitseite ab und wird nachdenklicher. Es ist die Dramaturgie einer wilden Nacht und des darauffolgenden Katers. Die Songs zum Ende hin sind dominiert von Klavier und E-Pianos, die Gitarren treten wieder ein, zwei Schritte zurück. Die Lust auf Balladen ohne den Kitsch kommt auf.

Auf dieser Note endet “Lucifer On The Sofa”, man lässt sich müde neben dem Teufel auf die Couch fallen und denkt sich: Wie laut oder leise, rau oder gediegen, subtil oder freimütig Spoon auch sind – sie sind stets die Meister der Introspektive.

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