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Slut – Live im Gebäude 9, Köln

Der gestrige Sonntagabend fühlt sich an, als würde man diesen einen Kumpel wiedertreffen, den man viel zu lange nicht gesehen hat. Man entdeckt sich in der Ferne und wird ein bisschen nervös. Ob es noch so ist wie früher? Doch schon nach wenigen Minuten stellt man fest, dass jegliche Bedenken unbegründet sind. Die einzige Frage die bleibt ist, warum man sich überhaupt so lange aus den Augen verloren hatte.

„Verdammt lang her“, stellt auch Christian Neuburger, der Sänger von Slut, nach den ersten Songs fest. „Das ist seit acht Jahren das erste Konzert in dieser Besetzung“. Das erklärt auch, warum den fünf Männern die Aufregung zu Beginn der Show richtiggehend anzusehen ist. Nervös werden die Gitarren nochmal nachgestimmt, die Blicke sind hochkonzentriert und jeder scheint ein bisschen in seinem eigenen Tunnel zu sein.

Mit jedem Song der buntgemischten Setlist wird das Quintett zusehends entspannter, und dass hier und da einer der beherzten Griffe in die Saiten nicht zu hundert Prozent sitzt, stört bei dem euphorischen Indie-Feuerwerk, das Slut im Gebäude 9 abliefern, keinen.

Für ein etwas anderes Feuerwerk sorgte bereits Support Angela Aux, der dem Kölner Publikum ob seiner attribuierten Intelligenz und Aufmerksamkeit statt Applaus hochtöniges Pfeifen beim Gefallen seiner folkigen Akustik-Balladen abverlangte. Der ein oder andere Zuspätkommer tappte aber natürlich trotzdem in die Klatschfalle, was Angela Aux mit einem lässigen „Ihr Anarchisten“ kommentiert.

Slut hingegen genießen den euphorischen Beifall. Und den haben sie sich auch redlich verdient, denn auch live beweisen Slut, dass sie mit ihrem ausgeklügelten Indie-Rock eine bessere Version von Muse sind.

So muss man spätestens bei „Tell Your Friends“ vom aktuellen Album „Talks Of Paradise“ nicht nur bei besagter Zeile „Tell all your friends about it“ laut mitsingen, sondern hat nach diesem Konzert das Bedürfnis, genau das zu machen.

Denn das Rätsel, warum Slut nicht längst den Erfolg einfahren, der ihnen für großartige Songs wie „Time Is Not A Remedy“ schon längst gebührt (was durch das aktuelle Album einmal mehr untermauert wurde), wird heute Abend nicht gelöst, sondern nur unterstrichen.

Denn obendrauf sind Slut auch noch unglaublich sympathisch. Als die Band nach einer knappen Stunde schon die Bühne verlässt, ist klar, dass es das noch nicht gewesen sein kann. Überstrahlt wird der dann folgende Zugabenblock vom großartigen „Easy To Love“, das Neuburger schon damit ankündigt, dass es einen Song gibt, der heute nicht ausgelassen werden sollte.

Euphorisch klatscht das Publikum mit und bringt die Band damit postwendend aus dem Konzept, denn der letzte Einsatz wurde verpasst. Im kurzen Moment der Stille schauen sich alle fragend an, lachen und noch bevor die Zuschauer ihre Rettungsaktion in Form von johlendem Applaus starten können, setzt Neubauer einfach mit dem Gesang wieder ein und der Rest der Band startet, als wäre nichts gewesen.

Nach dem letzten Akkord stehen Slut noch lange am Bühnenrand und lassen nicht nur sich mit breitem Grinsen und Funkeln in den Augen beklatschen, sondern applaudieren ebenfalls. Heute Abend gehen alle glücklich nach Hause.

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