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Billie Eilish – Live in der Lanxess Arena, Köln

DAS popkulturelle Phänomen der letzten Jahre. Anders kann man Billie Eilish eigentlich nicht beschreiben. Und das trifft auch auf die Show in der Kölner Lanxess Arena zu; im Guten wie im Schlechten.

Denn während des ersten Teil des Sets fühlt man sich als aufgeschlossene Popsympathisantin Anfang der Dreißig tatsächlich so, als hätte man keine Ahnung mehr davon, was bei „diesen jungen Leuten so abgeht“.

Nach einem kurzen Intro schießt Eilish aus einer Luke in der Mitte der Bühne ins Rampenlicht, landet sicher wie eine Katze in der Hocke und sorgt anschließend hauptsächlich für kollektives Ausrasten.

Auf der riesigen Bühne, die sie sich nur mit Bruder Finneas und einem weiteren Mitmusiker teilt, wirkt die 20-Jährige etwas verloren, macht das aber mit jeder Menge Springen, Auf-und Abrennen, bei dem sie sich auch mal auf allen Vieren niederlässt, wett.

Mit Gesang hingegen hat das bei Songs wie „I Didn’t Change My Number“ oder „NDA“ nicht besonders viel zu tun. Teilweise macht sie sich gar nicht die Mühe, das Mikro vor ihren Mund zu halten. Für die richtigen Töne sorgt stattdessen eine massive Spur an Backingstracks, die mit den alles übertönenden Beats noch nicht so ganz zu einem Guss zusammenfinden will, wozu mit Sicherheit auch die leidige Akustik in der Arena ihren Teil beiträgt.

Das Faszinierende ist: Das stört überhaupt keinen. Ganz im Gegenteil. Die Fans rasten von der ersten Sekunde an komplett aus und nehmen sich vor allem die dritte Regel, die Eilish zu Beginn ihre Shows erklärt, zu Herzen. „1. Sei kein Arschloch. 2. Verurteile niemanden. Und 3. Have fun, bitch.“

Aber dafür hätten die Kölner gar keine Extraufforderung gebraucht. Denn selbst das erfolgreiche Lösen ihrer Zöpfe sorgt im Publikum für Gekreische in unermesslicher Lautstärke, das die gesamte Show nicht versiegen wird.

Man fragt sich also: Bin ich einfach zu alt, um zu verstehen, warum das hier jetzt besser ist, als einfach zu Hause eine Platte aufzulegen? Zum Glück liefert Eilish, als sie sich gemeinsam mit ihrem Bruder mittig am Rand der Bühne auf zwei Hockern niederlässt, noch selbst die Antwort.

Bei „Your Power“ und „TV“ entfaltet sich ihre außergewöhnliche Stimme nur zu Klängen der Akustik-Gitarre in voller Schönheit und sorgt auch bei den schwülen Temperaturen für eine Gänsehaut. Anschließend dürfen sich vor allem die Fans in den hinteren Reihen freuen, denn nachdem Eilish die Bühne verlässt, ist keinesfalls Schluss.

Nach kurzer Zeit taucht sie am anderen Ende der Arena auf und steigt dort in einen fahrbaren Korb, der sie für Kurzversionen von „Bellyache“, „Ocean Eyes“ und „Bored“ über den Köpfen ihrer Fans schweben lässt.

Aber zwischen all der Euphorie nimmt Eilish sich auch immer wieder Zeit für ernstere Themen. Zurückgekehrt auf der Hauptbühne färbt sich die Leinwand zu „All The Good Girls Go To Hell“ in Bilder, die zwischen Waldbränden und Demonstrationen das verbildlichen, was Billie Eilish in die Worte fast: „Wir müssen uns ein bisschen mehr Mühe geben, auf unseren Planeten und aufeinander aufzupassen. Und zwar sofort.“

Und diese Worte nimmt man ihr wirklich ab. Immer wieder erkundigt sich Eilish, ob es allen gut geht, fordert dazu auf, die Alltagssorgen hinter sich zu lassen oder darüber nachzudenken, wofür man dankbar ist und das in Worte zu fassen.

Für das große Finale hat sie sich „Bad Guy“ aufgespart, wozu die Arena nochmal in kollektives Springen verfällt, bevor es nach „Happier Than Ever“ als furioses Finale im Konfettiregen wirklich keiner Zugabe mehr bedarf. Wenn man in die Gesichter der seit Monaten ausverkauften Arena schaut, dürfte dieser Songtitel stellvertretend für den Gemütszustand der meisten Zuschauer sein.

Und so versteht man den Hype nach anfänglicher Befremdung nun irgendwie doch.

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