Fast zehn Jahre lang machen Sängerin Amelia Meath und Produzent Nick Sanborn schon als Sylvan Esso Musik. In der hippen Indie-Bubble eine halbe Ewigkeit und so fühlt sich der Blick auf das Debüt „Sylvan Esso“ von 2014 auch an. Zu Zeiten, wo Bands wie Chvrches und The Naked and Famous die Indie-Tanzflächen bestimmten, stellten Sylvan Esso einen etwas abseitigen Gegenentwurf zur Verfügung.
Und was haben sie uns nun mit ihrem vierten Album „No Rules Sandy“ noch zu sagen? Die Antwort ist so nüchtern wie neutral: Gar nicht mal so viel. Zumindest erweckt der weiterhin eher unbekümmerte Sound des Duos diesen Eindruck.
Im Hintergrund steht eine andere Geschichte: So schnell wie diese Platte wurde noch keine Sylvan-Esso-Veröffentlichung zuvor zusammengezimmert. Sanborn und Meath sprechen sogar von einer neuen Phase nach der für sie abgeschlossenen Ära der ersten drei Alben. Und so persönlich wie bisher wurde es auch noch nie. Leere Phrasen?
Das wird spätestens dann egal, wenn der erste Beat von „Look At Me“ einsetzt und herrlich entspannte, irgendwie auch in die 00er Jahre katapultierenden Synthies loslässt. „No Rules Sandy“ ist ein Album für das Tanzbein, nicht den Kopf. Und geht dabei des Öfteren einen Schritt weiter als die bisher bekannten Klänge der Band.
Das zeigt sich allen voran in „Echo Party“, das von Meaths Stimme nur noch einen wabernden, zuckenden Haufen von artifiziellen Klängen übrig lässt. Ähnlich geht auch „How Did You Know“ vor und lässt seine Beats aus allen Winkeln tänzeln und pulsieren. Diese Glitches passen zum Hyperpop-Zeitgeist und bringen die Band in die Gegenwart.
Auch sonst ist abzüglich vom sanften LoFi-Akustik-Closer „Coming Back To You“ und den vielen, in Klammern gesetzten, Interludes viel Platz für Eskapismus und Katharsis. Die findet selbstverständlich unter der Disco-Kugel statt, allen voran im großen Club-Banger „Cloud Walker“ und dem Hit der Platte „Sunburn“, das mit Mehrstimmigkeit experimentiert.
Apropos Stimme – die von Amelia Meath ist auch 2022 noch unverkennbar und treibt bei Songs wie dem weichen „Your Reality“ unweigerlich Lächeln auf die Lippen. Viel mehr braucht es doch nicht für ein schönes Hörerlebnis.