Blues-lastiger Psych-Pop ist bei Dope Lemon Maxime und zu Hause über Kopfhörer stets eine entspannte Angelegenheit. Live hingegen ist es ungleich körperlicher, akustisch voller und offensichtlich etwas für den Bevölkerungsquerschnitt bei Gauß’scher Normalverteilung.

In der Frankfurter Batschkapp liegt der Median an einem kleinen Freitag bei Mitte Dreißig. Die Kurve wird geglättet von Erstsemestern bis Seniorinnen. Nach zwei coronabedingten Terminverlegungen von Juni 2020 nach Juni 2021 nach gestern, sind es gefühlt alle Altersschichten, die nach einem gleichermaßen sommerlichen, wie verwunschenen Bluesabenteuer lechzen.

Dabei schnürt zunächst die Hamburger Band Roast Apple in Jogging-Outfits und Fußballtrikots die Tanzschuhe zu. Die vierköpfige Band spielt so frivol tight, dass nasse Socken augenblicklich lufttrocknen.

Dagegen hält die Hauptattraktion des Abends zunächst ganz schön den Kopf schief. Wem das beim Zuschauen nicht in den Nacken fährt, dem geht es mindestens in Bauch und Beine. Der Bass wummert, die Nebelmaschine läuft auf Hochtouren, das Licht leuchtet vor allem die ersten Reihen an und gestattet nur Blicke auf die Silhouette von Angus Stone.

Zusammen mit seiner Schwester bildet er als Angus & Julia Stone nach Malcolm und Angus Young das wohl berühmteste Geschwisterpaar der australischen Musiklandschaft. Seine Schwester ist an diesem Abend nicht dabei, dafür vier Typen mit Hüten, die meisten mit Cowboyhüten, die den Blues optisch unterstreichen.

Auch Stone trägt immer wieder einen solchen, unter dem dann sein Gesicht wie der Jungbrunnen von Mark Oliver Everett ausfällt. Noch eindrücklicher wird das, wenn er die großen Hollowbody-Gitarren spielt.

Und wenn er dann im „Rose Pink Caddilac“ Sätze singt wie „I love the way you move“ hat das etwas von einer Cowboy-Psychedelia, die nur deshalb nicht miefig wird, weil seine hallende Stimme die Vibes mit coolem Meeresrauschen abkühlt und locker flockige Rhythmen einer jungen Generation den Blues näher bringen, die hierfür schon hoffnungslos verloren schien. Von wegen „I Fuck Things Up“.

Auf dem Barhocker sitzend kann Stone seiner folkigen Seite selbst mit Bass in der Hand Folge leisten. „Hey man, don’t look at me like that“ singt er fast Bod Dylan gleich, oder war es der Boss? Jedenfalls mit Mundharmonika, und unbedingt arschcool. In Sachen Nahbarkeit liegen Welten zwischen Dope Lemon und Angus & Julia Stone.

Die Publikumsanimationen übernimmt sein Perkussionist, der mit Izzy-Stradlin-Gedächtnis-Hut aus der Reihe tanz. Wahlweise aber auch der Bandfotograf, der locker als inoffizielles fünftes Bandmitglied durchgeht und fast häufiger im Rampenlicht steht als der hervorragende Gitarrist Rohin Brown, mit dem Stone 2016 Dope Lemon ins Leben rief. Ob Single-Note-Riffs, flinke Blues-Solos oder Slide-Gitarre, alles geht ihm spielend von der Hand.

Wenn an diesem Konzert irgendwo ein Fragezeichen klebt, dann höchstem am Ende des offiziellen Sets, bei dem fünf junge Frauen aus dem Publikum die Bühne als Showeffekt betreten und im Takt wippen. Zwei unter eisbären-ähnlichen Köpfen, eine als Löwe, die andere als Dickkopf und eine Dope Lemon. Für diesen Auftritt haben zuvor offensichtlich alle fünf den Body-Maß-Index- und Bauchfrei-Mode-Filter passiert.

Sei’s drum, so sehen “Uptown Folks” aus. Und überhaupt: „Won’t You Come Home Soon?” Nach eineinhalb Stunden Dope Lemon gar etwas früher als erhofft.

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