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Sudan Archives – Natural Brown Prom Queen

„Titties Out!“. Das sollte reichen, um eure Aufmerksamkeit zu haben. Aber keine Sorge, das Niveau irgendwelcher täglichen erscheinenden Bilddruckerzeugnisse liegt uns fern. Aufmerksamkeit hat aber „Natural Brown Prom Queen“ verdient, das neueste Album der fiedelnden, reichlich polarisierenden Sudan Archives. Welche mit einleitend genannter Pussy-Riot-Skandierung auch hausieren geht.

Brittney Denise Parks, wie Sie mit bürgerlichen Namen heißt, ist aber keine Hip-Hop-Kunstfigur mit Vulgärsprachschatz, sondern eine hochtalentierte Künstlerin. Die aus Cincinnati stammende Wahlkalifornierin hat die elektronische Musik für sich und Ihre E-Violine entdeckt. Das heutzutage schon ein Smartphone und ein wenig Equipment ausreicht, um einen Genre-Mashup zu fabrizieren, zelebriert sie ausufernd.

Der Opener „Homemaker“ nutzt feinste Samplingkünste, um Jazz, Synthiespielereien auf pochende Drumbeats zu servieren. Ihre helle Stimmlage rollt den roten Teppich für den Refrain aus, welcher mit Handclaps garniert die Hüfte in Bewegung bringt.

Sudan Archives’ zweites Album darf als biographisches Werk verstanden werden, beim Titeltrack „Natural Brown Prom Queen“ arbeitet sie ihre Vergangenheit im Fellbikini auf. Lässt Dancefloorbeats auf harte Sprechgesangspassagen treffen, um letztendlich mit R&B-Elementen den Anspruch zu erheben, alles andere als mittelmäßig zu sein. Recht hat Sie, wie sie schon wenig später belegt.

„Selfish Soul“ ist der Bohrwurm (sic!) des 18 Titel umfassenden Albums. Das obligatorische Klatschen lässt einen sofort den Einstieg finden, in das mit brummenden Beats aufgemotzte Workout. Sudan Archives sinniert derweil rappend über ihre Frisur und Selbstwert, während man selbst nach nicht mal zweieinhalb Minuten, schwitzend mit Puls 140 vor dem Spiegel steht und die eigene fehlende Haarpracht begutachtet.

Glücklicherweise kann die junge Geigerin auch anders, präsentiert sich auf „Loyal“ auf lockerem Beatwerk auf dem Niveau einer Sade. Packt bei „Homesick (Gorgeous & Arrogant)“ die schwofende Langsamkeit aus und zentriert sich auf Storytelling.

Dass sie in der Musikszene angekommen ist, durfte Sudan Archives erst kürzlich mit einer Neneh-Cherry-Kollaboration beweisen, deren Erbe Sie mit „OMG Britt“ antritt. Sprechgesang auf Beats, die wie Regentropfen aufs Gehörfenster prasseln, bieten den Kontrast zu „ChevyS10“. Mit Pianos kehrt Sie zum R&B zurück und erklimmt auch stimmlich neue Hochgefilde. Effektverziert soulig gesellt sich wenig später ein pulsierender Beat dazu, bevor uns wiederum klatschend die Hände gereicht werden um zum Tanz zu laden.

Härtere sprachliche Geschütze fährt „Copycat (Broken Notions)“ auf. Um deutliche Worte nicht verlegen, lässt Sudan Archives mit schäkernden Beats den Kopf nicken, was ihr wenig später mit „Freakalizer“ nochmal gelingt. Die 80er melden kurz Ihre Ansprüche an der elektronischen Musik, wenn Beats aus der Parliament Ecke funky durch die Ohren ziehen. Der Koffer voller Handclaps, mal wieder, was auch die letzten Bewegungsverweigerer zumindest mit blinzeln lässt, während aufmerksame Hörer sich am ohrwurmlastigen Gesang erfreuen.

Geigerin ? Violine ? Ja. Wer sich fragt, wo die Gute denn ihr Lieblingsinstrument versteckt hat, wird spätestens auf „FLUE“ und „TDLY (Homegrown Land)“ fündig. Ersterer Titel säuselt schwofend durch Soulgefilde und abstrakte Downtempobeats, bevor letzterer gniedelnd einen Kniefall vor sudanesischen Musikern macht, welche die Geige und Gesang kombinieren. Ein Schelm, wer diese Information jetzt mit dem Namen der Künstlerin kombiniert. Irgendwo fast folkig verortet, bricht der Titel mit den Konventionen, garniert pluckernde Elektronik aufs Brainstorming zum Thema Freundschaft.

„Natural Brown Prom Queen“ hat seine Verschnaufpausen, fordert aber Aufmerksamkeit ein. Das lässt sich wohl nicht vermeiden, wenn man ein derartiges Feuerwerk abbrennt. Sudan Archives ist ein vielseitiges, persönliches Album gelungen. Mit ihrer weichen Stimmlage im Gesang und der durchdringenden Sprechgesangsstimme fügt sie die Versatzstücke unterschiedlicher Genres zusammen.

Von harten Rappassagen, souligen Parts hin zu fast in den Dream-Pop entgleitenden Titeln findet sich genügend Hörenswertes auf „Natural Brown Prom Queen“. Vulgäre Schlagwortakrobatik ist also gar nicht nötig, um für Sudan Archives zu werben.

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