Es muss doch eine Fake-News sein, dass „EZ Aquarii“ erst das dritte Album von Von Wegen Lisbeth ist? Wie sahen denn die Festival-Plakate und Indie-Playlists aus, bevor das Berliner Quintett mit seinem unverkennbaren Sound auf die Bühne trat? Es scheinen Ewigkeiten vergangen zu sein. Zu viele, um noch als Hype zu gelten? „EZ Aquarii“ gibt eine Antwort. Und lässt sich dafür Zeit.

In Zeiten, wo auf der einen Seite der Hyper-Pop mit immer kürzeren und absurderen Sound-Ideen an Beliebtheit dazu gewinnt und auf der anderen Seite der entschleunigte Shoegaze-Bedroom-Pop grummelt, wirken Von Wegen Lisbeth beinahe etwas deplatziert.

Klar, auch sie schrecken nicht vor der bunten Genre-Palette zurück. Trotzdem: Zeitgeist geht anders. „EZ Aquarii“ hat aber einen großen Vorteil: Es klingt verdammt gut.

Die Produktion der Platte ist schlicht beeindruckend und könnte manche Tracks locker alleine tragen. Glücklicherweise können Matze, Doz, Robert und die beiden Julians das auch immer noch ganz gut alleine.

Inhaltlich ist „EZ Aquarii“ zu 80% eine Platte voller Liebeslieder, was sie aber mit einem Sammelsurium aus den absurdesten Überleitungen geschickt zu verdecken weiß – als Beleg einfach in „Meerschwein“ und „Augen I“ reinhören.

Der Closer und offensichtliche Hit der Platte trägt hingegen den Namen „Elon“ und ist mit dem Refrain namens „Elon Musk kommt nicht ins Berghain. Ach Elon, Elon, nein, nein, nein“ genau das, was Festivalmeuten an Von Wegen Lisbeth kennen und lieben.

Die Band selbst liebt aber bekannterweise noch ganz andere Sounds und zeigt sich auf diesem Album überraschend lange betont gemütlich:

Bei „Alles Ok“ wird es akustisch, „Auf Eis“ blinzelt verträumt ins Sonnenlicht, „Portugal (Autoteile auf der Fahrbahn)“ rutscht mit gepitchten Chören in die Bilderbuch-Welt. Erst „Augen II“ dreht so richtig auf und überrennt die Hörer*innen mit einer Armada aus Synthies.

Das ist alles gut und schön und herzerwärmend, immer aber mehr Fortsetzung als Zäsur. Und bei Tracks wie „Fundbüro“ (mit dem ersten VWL-Feature-Gast Longus Mongus von BHZ) oder „L.OST“ bekommt man schon an einigen Stellen einen minimalen Anflug von Zweifeln, wie lange das noch als hip vermarktet werden kann.

Für den beginnenden Frühherbst aber liefern Von Wegen Lisbeth die perfekte Antwort zum gesteigerten Eskapismus-Bedarf. Gemütlicher wird’s nicht mehr.

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