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Wir waren regelrecht gefangen – Circa Waves im Interview

Nach einer fast zweijährigen Zwangspause begegnen Circa Waves dem ersten Anflug von Normalität mit viel Leichtigkeit und unbändiger Vorfreude. Statt der verlorenen Zeit hinterher zu trauern, drücken die Briten lieber aufs Gaspedal und präsentieren ihren Anhängern auf ihrem neuen Sudioalbum “Never Going Under” eine bombastisch arrangierte Sound-Rundreise durchs angerockte Indie-Pop-Universum. Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Longplayers trafen wir uns mit Sänger Kieran Shudall und plauderten über elende Räuber, den perfekten Pop-Song und das Leben in der Chef-Etage.

MusikBlog: Kieran, ihr habt bisher vier Alben veröffentlicht. Ich denke mal, dass ihr mit jedem Album ganz besondere Erinnerungen verbindet. Nun steht euer fünftes Album in den Startlöchern. Fühlt es sich diesmal aber doch nochmal ein bisschen anders an?

Kieran Shudall: Absolut. Wir haben diesen Moment herbeigesehnt. Die letzten zwei Jahre waren wirklich nicht einfach für uns als Band. Wir waren, wie alle anderen auch, regelrecht gefangen. Die Pandemie hat uns eingesperrt und uns unseren Alltag geraubt. Mit diesem Album wollen wir die zurückgewonnene Freiheit feiern.

MusikBlog: Die neuen Songs klingen dementsprechend euphorisch. War das von Anfang an der Plan?

Kieran Shudall: Ich weiß nicht. Ich schreibe jeden Tag. Ich kann nicht anders. In den letzten beiden Jahren habe ich ungefähr 200 Songs geschrieben. Viele dieser Songs transportierten ein sehr positives Grundgefühl. Da war viel Hoffnung und viel Glaube an eine bessere Zeit präsent. Ich denke, dass sich diese Basis irgendwann einfach durchgesetzt hat.

MusikBlog: Wie findet man aus einer Masse von 200 Songs die 11, die es am Ende auf das Album schaffen?

Kieran Shudall: (lacht) Das ist manchmal gar nicht so einfach, das stimmt schon. Aber wir als Band haben da schon einen ganz guten Riecher entwickelt. Am Ende schauen wir uns zusammen mit unserem Manager das komplette Material an und entscheiden dann, welche Songs gut zusammenpassen, so dass ein stimmiges Gesamtbild entsteht.

MusikBlog: Es sind also alle Beteiligten involviert, wenn es um die finalen Tracklist-Entscheidungen geht?

Kieran Shudall: Ja, eigentlich schon. Wenn es in mehreren Songs inhaltlich um meine ganz persönlichen Erfahrungen geht, dann bin ich schon der, der am Ende das Zünglein an der Waage spielt. Aber grundsätzlich ist es schon ein gemeinschaftlicher Prozess.

MusikBlog: Wie müsste sich deiner Meinung nach der perfekte Pop-Song anhören?

Kieran Shudall: Das ist schwierig zu beantworten. Ich bin ein totaler Indie-Fan. Ich habe immer die Vorstellung in meinem Kopf, dass meine Songs in einer typischen Indie-Disco rauf und runter laufen. Ich bewundere Bands wie The Strokes, Arctic Monkeys und Bloc Party. Diese Bands schreiben solche Songs am Fließband. Das ist wirklich bewundernswert.

MusikBlog: Es geht also um tolle Hooks und catchy Refrains?

Kieran Shudall: Ja, auf jeden Fall. Das sind die Zutaten, die Millionen Menschen zusammenbringen. Ich höre auch gerne Taylor Swift oder Lana Del Rey. Diese Künstler haben es diesbezüglich einfach drauf. Ich denke, dass ich von diesen Leuten auch am meisten lernen kann.

MusikBlog: Ihr seid mittlerweile mehr als acht Jahre als Band gemeinsam unterwegs. Was hat sich seitdem alles verändert?

Kieran Shudall: Das große Ganze ist einfach erwachsen geworden. Wir sind als Musiker und Menschen gereift und wir haben uns entwickelt. Das ganze Business ist uns jetzt sehr vertraut. Früher waren wir sehr naiv. Niemand von uns hatte Erfahrung im Musikgeschäft. Das war alles neu für uns. Heute wissen wir genau, wo wir stehen. Man kann es vielleicht so beschreiben: Als wir anfingen, hatten wir den Status der Leute, die in großen Firmen für den Kaffee und die Druckerarbeiten zuständig sind. Heute sind wir unsere eigenen CEOs. Wir halten unsere Firma über Wasser und sind verantwortlich für all unsere Belange. Das ist manchmal ganz schön aufregend und anstrengend. Aber es ist genau das, was wir immer wollten.

MusikBlog: Was ist das Geheimnis eures Zusammenhalts?

Kieran Shudall: Vertrauen und Freundschaft. Wir sind eine Band, die all die großen Dinge, von denen man redet, wenn es um Erfolgsgeschichten im Pop-Business geht, gemeinsam erlebt hat. Das erste Mal ist nun mal immer etwas Besonderes. Wir waren zusammen das erste Mal in Japan. Wir standen zusammen das erste Mal gemeinsam auf der Bühne von Glastonbury. Wir haben das erste Mal gemeinsam vor 30.000 Leuten gespielt. Das sind Erinnerungen, die nur wir teilen. Die werden uns immer miteinander verbinden. Ich denke, das ist der Schlüssel.

MusikBlog: Was war denn bisher das größte gemeinsame Erlebnis?

Kieran Shudall: Ich denke mal, dass da jeder in der Band eine andere Erinnerung im Kopf hat. Bei mir ist es so, dass ich das gar nicht an einem bestimmten Moment festmachen kann. Ich finde es immer wieder unglaublich und berauschend, wenn ich in meinem kleinen Kämmerlein ein paar Zeilen aufschreibe und diese dann ein Jahr später von tausenden mir fremden Menschen gesungen werden. Das ist etwas, was mir nicht so richtig in den Kopf will. (lacht) Ich glaube, dass es für einen Musiker und Texter keine größere Bestätigung geben kann. Das ist wirklich immer ein ganz besonderes Gefühl.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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