Nach 11 Jahren Studioalbum-Funkstille sind dEUS wieder da – und die Belgier tragen zu ihrer Rückkehr direkt so dick auf, dass man gar keine Wahl hat, als ihr Wiedererscheinen bis ins Knochenmark zu spüren.

Die Band hat uns auch lange genug warten lassen, gerade weil vor mehr als zehn Jahren der Doppelschlag innerhalb von einigen wenigen Monaten stattfand: „Keep You Close“ (2011) und „Following Sea“ (2012), zwei Alben mit verschiedenen Ansätzen, beides aber reine dEUS-Alben.

Dringlicher, vielschichtiger und parallel überlässiger und emotionaler Indie-Rock ist auf beiden Platten zu finden, den Unterschied macht jedoch die Intensität: Diese ist auf „Keep You Close“ leicht reduziert, während „Following Sea“ wieder erbarmungslos zuschlägt.

Aber das war vor mehr als einer Dekade, was hat sich in der Zwischenzeit getan? Neben dem Soloprojekt Magnus, mit dem sich Frontmann Tom Barman in tanzbaren Weirdo-Pop-Gefilden austobt, hat sich etwas an der Besetzung geändert – aber auch wieder nicht.

2016 stieg Gitarrist Mauro Pawlowski aus und wurde von Bruno De Groote ersetzt. Dieser musste 2021 aus gesundheitlichen Gründen die Band wieder verlassen und Pawlowski kehrte erneut zurück – pünktlich zur Ankündigung des achten Albums „How To Replace It“.

Dieses wirkt, als müsse es sich ob der langen Zeit ohne frisches Material besonders Gehör verschaffen und kommt daher ganz besonders eindringlich daher, als hätten dEUS das Gefühl, sie müssten sich und der Welt etwas beweisen.

Die Arrangements des dramatischen Indie-Rocks drücken ordentlich für ihren Anspruch, der Pop-Anteil bringt die Schönheit in die Mischung. Die Belgier stellen ihre Lässigkeit unter Beweis, aber auch ihr mitgenommenes Herz.

Frontmann Tom Barman croont sich nach wie vor durch die Nacht, gefühlt immer mit einer Zigarette im Mundwinkel, aber auch mit traurig gesenktem Blick im Straßenlaternenlicht.

Nach der Kreativpause geben sich dEUS düster, gar verzweifelt. Als hätten die Mitglieder der 1991 gegründeten Band in ihrer studio-freien Zeit erst realisiert, dass sie doch nicht ewig leben und gegen die eigene Vergänglichkeit anspielen müssten.

Ist „How To Replace It“ die Midlife-Crisis-Platte der Band? Bei all der pompösen Melodramatik muss diese Frage trotzdem verneint werden. Denn dEUS kompensieren und verschleiern ihr eigenes Altern nicht, sie zelebrieren es am Ende einfach nur.

Dass sie das mit einem lachenden und einem weinenden Auge tun, ist nur allzu menschlich. Und dass dabei ein wendiges und faszinierendes Album herausgekommen ist, ist fast schon eine Selbstverständlichkeit für die Band.

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