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Ailbhe Reddy – Endless Affair

Nudelsalat, gekühltes Bier aus der Badewanne und Grundsatzdiskussionen zwischen Exen und Existenz in der WG-Küche – all das vertont Ailbhe Reddy auf ihrem zweiten Album “Endless Affair” mit verträumten Indie-Pop-Hymnen und rebellischem Folk-Rock. Treffsicher und feinfühlig stellt sie sich den Hürden der (Selbst-)Akzeptanz.

Bereits mit ihrem Debütalbum “Personal History” aus 2020 etablierte sich die irische Singer/Songwriterin als Geschichtenerzählerin mit einer eindringlichen Stimme und Songtexten voller Selbstzweifel und Selbstverständnis. Authentisch, ehrlich und doch universell genug, um sich damit identifizieren zu können, besang sie dort sie den steinigen Weg der Adoleszenz.

Mit den Worten “I spent my twenties trying to accept these vulnerabilities don’t make me weak” endete ihr Debütalbum. Dass Veränderungen und Persönlichkeitsentwicklung nicht linear fortschreiten, zeigt die erste Zeile des Nachfolgealbums “Endless Affair” in “Shitshow”: “Tell me how did I get here? Some endless, pitiful affair”.

Der Opener ist ein Katersonntag voller Scham und schmerzhafter Selbstironie: “Bruised my ankle and my ego […] Oh I don’t recognise myself” Manche Lektionen wollen erst zahlreich wiederholt werden, bis der Lerneffekt einsetzt.

Das zeigt auch das unverbesserliche und mild klingende “Last To Leave” mit gedämpftem Bass. Heute hui, morgen pfui und dazwischen eine viel zu lockere Zunge: “Your monologue drags in the kitchen, it’s not just your drink you’re spilling to anybody who will listen” Der hoffnungslose Morgen wird peinlich und dennoch ist eine Wiederholung dessen nächstes Wochenende vorprogrammiert.

Ob des ganzen Gefühlschaos mag uns Schmerz oft nicht zeigen, wer wir genau sind, doch zumindest, dass wir sind. “Inhaling” überzeugt auf schonungslose, zornige und auch ehrliche Weise: “I used to know you, but maybe that’s worth nothing, I was in pain but at least I had feeling”.

Schmerzlich und gleichzeitig versöhnlich thematisiert Ailbhe Reddy in “Pray For Me” den Tod ihrer Großmutter. Mit sanften Klängen der Akustikgitarre singt sie am Bettrand sitzend über Vergänglichkeit, Reue und Versprechen.

Packende Drums und sonnengetränkte Gitarren laden währenddessen in “Damage” auf die Tanzfläche. Auch im verschwitzt-kratzigen “A Mess” wird ausgelassen gefeiert und es steht mit seinen schnellen Rhythmen sinnbildlich für das ratternde Hirn: “I am so tired of never living […] I am always never enough”.

Reduzierte Tracks wie “Bloom” über Einsicht und Vernunft sorgen für Verschnaufpausen auf “Endless Affair” und zeigen Ailbhe Reddys musikalische Bandbreite an Stimmungen und Instrumentierungen.

Das von Gesang und Klavier getragene “Shoulder Blades” hat ein gutes Auge für Details und wertschätzt Nähe und Intimität. Der Track baut sich allmählich auf und verdichtet sich mit Dreiklangzerlegungen und Blechbläsern.

Mit “Endless Affair” gelingt Ailbhe Reddy ein gleichermaßen unaufdringliches wie rebellisches Album voller Finesse und Selbstreflexion. Rastlos pendelt sie zwischen dem Eskapismus durchzechter Nächte und den Eskapaden am Morgen danach.

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