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Lucy Kruger And The Lost Boys – Heaving

Nachdem sie das Ende ihrer Tape-Trilogie mit langer Tour zelebriert haben, kommt nun das neue Album „Heaving“. Lucy Kruger & The Lost Boys steigen konsequent weiter hinab in die dunklen musikalischen Sphären, die sie erschaffen haben.

Treibender Anfang. „Auditorium“ bündelt gebremsten Vorwärtsdrang ab dem ersten Ton. Lucy erzeugt mit abgehackten Gesang einen intensiven Sog. Die Musik ist nicht weniger intensiv, minimaler Sound. Klaustrophobie hörbar gemacht. Erleichterung erst mit dem Refrain. Endlos repetitive Percussion darunter lässt – trotz aller Atempausen – keine Zeit zum Innehalten.

“Howl”. Der erste Takt bringt stotternde Intensität. Gehetztes Flüstern, disharmonisch einlullendes Quietschen. Aufbauen zu ekstatischem Schreien und schmerzlichem Noise. Verzweiflung und Kapitulation. Stakkatoartige minimale Passagen mit viel Nachdruck. Sprachgesang unterlegt von Geräuschfragmenten und der immerwährende Beat. Hoffnung keimt auf.

Der Vorwärtsdrang gebremst, die Nase zugehalten. Treibende Beats. Erklärende Stimme aus dem Klassenzimmer. Subtil unauffällige Steigerung zur nächsten atemlosen Eskalation. Kein Stück auf der Platte zieht mehr in den Bann als „Howl“. Kein Stück ist weiter weg vom gewohnten Lucy Kruger Sound. Und doch präsentiert es zugleich die Quintessenz dessen, was die Band ausmacht. Laut Lucy der vielversprechende Weg in ihre musikalische Zukunft.

„Stereoscope“ passt ins Raster der vergangenen Werke. Düster geheimnisvolle Schönheit lädt ein, darin zu versinken, als ginge es für immer so weiter. Eine hoffentlich endlose Zeitschleife.

„Burning Building“ präsentiert Lucys Interpretation eines Hitparaden-Pop-Tracks mit atemloser, noisiger Energie.

„Tender“ verdichtet, was die gebürtige Südafrikanerin ausmacht. „I’m finding it hard, to be tender, I’m finding it hard, to touch…” tiefe, schwermütige Energie. Atemlos gehetzt, gehauchte Stimme. Jeder Ton erzeugt die Erwartung auf mehr. Vordergründig reduziert und glasklare Musik, rabenschwarzer Hintergrund. Darunter bricht sukzessive ein unscheinbarer Noise-Teppich subtil harmonisch schön die Konventionen. Unendlich tiefe, schwerlich gezügelte Energie. Widerstreitend mit der vermeintlich trivialen Melodie. „I’m finding it hard…“ – schwer, wieder aus dem Kopf raus zu kriegen.

 „Undress“ beendet die Platte sehnsüchtig und minimal ruhig. Jedes bisschen Optimismus geht in wunderschöner akustischer Traurigkeit auf und macht dabei wohlig zufrieden.

“Art pop noise ” nennen Lucy Kruger & The Lost Boys selber ihren Sound. Große Kunst und Noise. Passt irgendwie, aber wird dem Stil doch nicht gerecht. Sie erzeugen auf „Heaving“ eine konsistente und doch widersprüchlich geheimnisvoll düstere Klangkulisse, die ihresgleichen sucht:

Harmonie umarmt Noise. Unterdrückte Energie trifft auf reduzierte Geschwindigkeit. Ernüchterung auf Willensstärke. Frustration auf verheißungsvollen Ausblick. Ein klaustrophobischer Tunnel mit unzählige Facetten von Grau bis Dunkelschwarz.

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