Den Anblick ist man im Sommer vor dem Bürgerhaus Stollwerck in Köln gewohnt. Je näher man der Location kommt, desto dichter versammeln sich diejenigen, die man später drinnen antrifft. Ob auf Parkbänken, Paletten oder am Rhein, die Leute warten hier – jedenfalls im Sommer – in keiner Schlange, sondern an ihren ganz individuellen Orten.
Nur langsam schlendern die einzelnen Grüppchen in Richtung Eingang und Konzertsaal, wo an diesem, gestrigen Abend Dope Lemon auftreten wird – das Alias des Musikers Angus Stone. Drinnen wirkt es hier immer ein wenig provisorisch, wie in einer Grundschule, die von der Nachtwache kurzerhand zur Konzert-Location umfunktioniert wurde.
Was alle beim Betreten der Halle aber sofort bemerken, ist die Abwesenheit jeglicher Lehrer*innen, die man ganz vorsichtig danach fragen könnte, ob man ein Fenster aufmachen darf. Stattdessen sind die Fenster abgedunkelt und dicht, und die Doppeltür zum Foyer wirkt wie eine luftdichte Schleuse. Halb so wild, scheint der allgemeine Konsens zu sein, denn schon zur Vorband Roast Apple ist der Saal beachtlich gefüllt und sogar auf den oberen Rängen sind die vorderen Plätze allesamt besetzt.
Die Band aus Hamburg, die Dope Lemon schon letztes Jahr unterstützte, liefert eingängigen Indie-Rock, den die Menge bei ihrem letzten Song “Encore” sogar schon mitsingen kann. Dass jetzt schon getanzt wird und überhaupt so viele Menschen schon ihren sicheren Platz auf der sonnigen Wiese vor der Tür aufgegeben haben, um sich Dope Lemons Support anzuschauen, spricht für Roast Apple.
Angus Stone scheint sich seine Vorband für diesen Teil der Tour also nicht nur wegen des – trotzdem überraschend gut zum Namen des Hauptacts passenden – Namens ausgesucht zu haben, sondern definitiv auch die Bühnenpräsenz der Band im Blick gehabt zu haben.
Aufgewärmt sind jedenfalls alle – nicht zuletzt wegen der diesigen Luft, die bei Dope Lemons Auftritt noch um eine gehörige Portion Nebel angereichert wird, die den ersten Reihen direkt ins Gesicht geblasen wird. Aus dem Dunst schälen sich dann aber doch recht schnell die spärlich beleuchteten Silhouetten von Angus Stone und seinen Bandmitgliedern. Als gemeinsames Erkennungszeichen darf hier der Hut nicht fehlen, den Angus erst nach einigen Songs vom Hocker nimmt und aufsetzt.
Auch der Sound passt zur klimatischen Atmosphäre im Bürgerhaus. Triefender Bass und zähe Gitarren reichern die Atmosphäre an und wecken unter den Zuschauer*innen spürbare Erwartungen nach mehr. Und das bekommen sie geboten.
Mit “Derby Raceway” spielt Angus gleich relativ zu Beginn einen Song des im September erscheinenden Albums “Kimosabè”, der vom Publikum erstaunlich gut aufgenommen wird. Auch der titelgebende Track “Kimosabè” scheint sehr gut anzukommen bei den transpirierenden Zuschauer*innen.
Eine illustrative Begleitung erfährt der gesamte Auftritt von Dope Lemon über eine große Leinwand im Rücken der Band. Von aneinandergereihten Filmausschnitten, über psychedelische Musterfolgen bis hin zu abstrakten Cartoons lässt sich hier alles finden, was in irgendeiner Weise den Sound des australischen Musikers visuell umschreiben könnte:
Mal flaniert eine formwechselnde Cartoon-Figur unbesorgt durch die Hölle, mal ziert eine Gruppe gezeichneter Fotografen die Leinwand. Selbstverständlich – wie könnte es anders sein – haben diese allesamt gigantische Zitronen als Köpfe.
Dope Lemons Auftritt ist intensiv – selbst vermeintliche Atempausen zehren von einer gewissen Grundspannung, die das gesamte Konzert gewissermaßen einrahmt. Und während an den Luftschleusen, die den Weg nach draußen markieren, gegen Ende des Konzerts schon einige Leute warten, denen die angedickte Luft im Saal zu schwer war, schwelgen andere in den ersten Reihen immer noch im Nachhall des Auftritts von Dope Lemon.