Eine Underground-Größe der “Hamburger Schule“ ist zurück: Die Regierung knüpft mit ihrer achten Platte “NUR“ an ihren Erfolg der letzten 39 Jahre an – und stellt sich inhaltlich breiter auf, ohne an musikalischer Qualität zu verlieren.
Gegründet wurde Die Regierung ursprünglich als Soloprojekt des aus Essen stammenden Singer/Songwriters Tilman Rossmy. Das Debütalbum “Supermüll“, das er im Alleingang finanziert und veröffentlicht hatte, erreichte glänzende Kritiken “als das beste deutschsprachige Album der 80er-Jahre“.
Nachdem sich die Band 1995 auflöste, entstand nach der Wiedervereinigung 2006 mit “Raus“ im Jahr 2017 erstmals neue Musik im 21. Jahrhundert – mit einer neu besetzten Regierung. Zuletzt baute die Gruppe 2021 in “Da“ besser als jede vorherige Besetzung aus diversen Themen einen stringenten, roten Faden: Auf “NUR“ geht es um alles – oder nichts.
Politik, Liebe und Gesellschaft fusionieren textlich zusammen, so dass die Welt und ihre Probleme als ein zusammenhängender Klumpen erscheinen, der irgendwo Sinn macht. In einer Mischung aus Rock, Pop und experimentellen Elementen ergründet Die Regierung fleißig, klingt dabei lieber interessant als durchproduziert.
Trotzdem erwartet die Hörer*innen handwerklich anspruchsvolle Musik: Imposante Kompositionen wie in “Nichts ist wirklich“ oder der ungewöhnlich kompliziert verschachtelte Track “Die Liebe, die niemals kommt“ halten auf Trab.
Zum Indie-Rock kommen oftmals Chöre oder Percussion hinzu, in „Wenn die Liebe ruft“ wird das Klangbild von DDR-Schallplatten ergänzt, die als Soundschnipsel im Hintergrund rascheln – die Detailverliebtheit auf “NUR“ überfordert und beeindruckt zugleich.
Doch während “Stop“ den gezerrten Rock-Sound der grungigen 90er-Jahre zurückbringt, schwenkt Die Regierung in “Die Tür“ diesmal sogar im Genre komplett um: Ein gelungenes Jazzclub-Ambiente mit Telefoneinspielern lädt am Schluss zum Entspannen ein, bevor sich Die Regierung zuletzt fragt: “Wo ist die Liebe jetzt?“ und ins Rauschen verschwindet.