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Walk Off The Earth – Stand By You

Walk Off The Earth sind wohl ein Internetphänomen. Als die kanadische Indieband 2012 mit Ihrem Cover von Gotye’s “Somebody That I Used To Know” YouTube mit mehr als 100 Millionen Views erobert haben, läuft es im Social Media. Mehr als 1 Million Follower auf Instagram folgen dem kreativen Output der Band, die sich nicht nur mit Coverversionen, sondern auch mit ausgefallener Instrumentierung eine derart große Fanbase geschaffen hat.

Mit “Stand By You” kommt nun der neue Longplayer. Gespickt mit vielen Gastmusiker*innen von Lindsey Stirling hin zu Train, folgt die Band ihrem bisherigen Ansatz, welche sie u.a. auch mit Steve Aoki zusammenarbeiten lies.

Ein zweiter Ansatz der Band verkommt auf Albumlänge allerdings zum Problem. Die Kanadier haben sich auf Gute-Laune-Popmusik spezialisiert, die sich auf einem Dutzend Tracks ins Gehör zementiert. Allerdings hat die Band ihren Ruf als hervorragende Liveband nicht von ungefähr, da lässt sich die ausgelassene Stimmung wohl auch besser vermitteln.

Tracks wie “Oh My My! (In Love Again )” sorgen mit peppiger Inszenierung, mehrstimmigem Refraingesang und Seifenblasenhaltbarkeit für Kurzweil. Die Multiinstrumentalist*innen rund um Gianni Nicassio und Sängerin Sarah Blackwood arrangieren Popohrwürmer in Reih und Glied.

Das kann so hyperaktiv quirlig sein wie “Whatever” oder verspielt zuckersüß wie “My Stupid Heart”. Irgendwo verpackt man Sprechgesangseinlagen in Pluckerbeats (“Bet On Me”) oder lässt beim Titeltrack mal sowas wie eine Gitarrenhymne über den Chartpopansatz hinwegtäuschen.

Die Band aus Ontario hat ein sehr hohes Musikverständnis und versteht es, selbst aus der Ukulele noch das maximale Poperlebnis herauszuholen, was der Vermittlung guter Laune sehr zuträglich ist. So kann sich auf die fiedelnde Lindsey Stirling bei “Long Way Home” in die Baukastenprinzip-Instrumentalisierung einfügen. Getragen von Blackwoods klarer Gesangsstimme gniedeln sich die Geigensaiten ungehemmt ins Gehör und tanzen dort Ringelreihen.

Zum Einstimmen motiviert auch “Tomorrow Can Wait”, welches die kanadische Countrysängerin Tenille Townes eingesungen hat. Schunkelnd arrangiert, dampft der Titel doch im Speedboattempo durch Folkpopgefilde.

Zum Coitus Interruptus kommt es bei “Back In Bed”, das mit Duettgesang so etwas wie Romantik erzeugen will. Das mag in der Jugenddisco funktionieren, hat man mal die Zwanzig überschritten mag der Titel im Schlafzimmer eher deplatziert dynamisch wirken.

Wesentlich besser platziert fügt sich die Ukulele im “Happy Stuff” ein. Ein Chorusfeuerwerk setzt das Ohrwurmgehege in Brand, während man vor lauter vermittelter Glückseligkeit fiebernd nach den Antidepressiva sucht.

“Hold On To Your Love” und “Galileo” vervollkommnen dann die sicheren Chartplatzierungen. Man sieht die YouTube Likes förmlich im Sekundentakt nach oben schnellen, wenn sich Blackwood und Co zu den elektronischen Beats in freudige Ekstase einstimmen.

Um dem ganzen Süßkram noch die Kirsche aufzusetzen, sorgen Sarah Blackwood und Gianni Luminatis Sohn mit einer eigenen Version von “My Stupid Heart” auch für freudige Ekstase in der Kinderdisco.

Keine Ahnung, ob das kanadische Gesundheitswesen Happypillen kostenlos verteilt, vermuten könnte man das beim sechsten Album von Walk Off The Earth. Irgendwo zwischen belanglosem Chartspop und eingängigen Chorusketten muss man doch den Hut ziehen. Die Band weiß stets, wie sie Popmusik unwiderstehlich arrangiert und präsentiert, dafür sprechen nicht nur die Followerzahlen auf Social Media.

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