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Coach Party – Killjoy

Die Isle of Wight vor der Südküste Englands ist 35 km lang und 20km breit. Ein relativ schmaler Flecken Erde, auf dem sich fast 150.000 Menschen angesiedelt haben. Kein Wunder, dass man sich da als junger Mensch mal Luft machen muss. Wohl einer der Gründe, warum die Isle of Wight inzwischen zum Indie-Rock-Epizentrum Großbritanniens geworden ist. Mit Wet Leg und Coach Party schicken sich junge Bands an das europäische Festland zu erobern.

Zweitere legen mit “Killjoy” ihr Debütalbum vor, welches nur so vor bezeichnenden Titeln strotzt. “Micro Aggression”, “All I Wanna Do Is Hate” und “What´s The Point In Life” machen schnell klar, dass es bei dem britischen Quartett nicht um Kuchenrezepte austauschen geht.

Soundtechnisch geht ein feuchter Traum in Erfüllung, klingen Coach Party wie eine Kombination aus modernen Pixies und Bethany Cosentinos kalifornischem Indie-Rock-Duo Best Coast. Der bereits erwähnte Opener “What´s The Point In Life” stellt, temporeich und von Beats und Saiten begleitet, die Frage “We All Gonna Die – So What´s The Point In Life ?”.

Jess Eastwoods motivierter Gesang verweilt im Gehör, auch wenn sie beim folgenden “Parasite” im Riotmodus effektverzerrt das Mikro anschreit. Muss sie aber auch, denn der Titel prügelt sich dynamisch in Rage. “Micro Aggression” kombiniert diese Energie mit flächendeckenden Riffs und einem Basslauf der Regenwürmer aus der Erde treibt.

Bei Coach Party herrscht aber kein generelles Wutbewältigungsproblem, was Titel wie “Born Leader” oder “July” beweisen. Indie-Rock-Hymnen, welche man von der amerikanischen Westküste erwartet, knallen selbstverliebt melodisch ins Gehör.

Ob mit mehrstimmigen Refrains oder einem treibenden Chorus, Coach Party haben nicht nur mitreißende Saitenklänge, sondern auch einen ganzen Eimer Sandstrand und Sonne mit im Gepäck.

So pendelt sich der Sound schnell auf emotionalem Gefühlschaos-Indie ein, wenn sich Eastwood bei “Be That Girl” in die Arme des Angeschmachteten träumt, sich bei “Always Been You” ihrer Liebe sicher ist und dabei fuzzy Gitarren das Herzflimmern noch verstärken.

Höhepunkt im Liebesreigen ist “Hi Baby”. “Do You Want Me In Your Future Maybe ?” Yeah. Das ist die die richtige Attitüde, speziell, wenn Eastwood im Gwen Stefani Modus den übermotiviert auftrommelnden Schlagzeuger in die Schranken singt, um auf der dynamischen Riffwelle zu surfen.

Was vergessen ? Oh ja. “All I Wanna Do Is Hate” schreitet effektlastig mit übersteuernden Verstärkern und dudelnden Keyboards durchs Aggressionsbewältigungsseminar, um kurz darauf mit “All Of My Friends” abzuhängen. Sowieso besser, wenn man mit eben jenen eingängige Ohrwurmrefrains einsingen kann. Knarzende Saiten, besessene Drumparts und Stories über gute Zeiten sind dabei inklusive.

Coach Party waren erst kürzlich als Vorband von Wet Leg auf Tour. Diese Konstellation könnte sich womöglich bald umdrehen, denn “Killjoy” ist ein unwiderstehliches Stück Musik. Manche Hymnen wirken wie die Essenz dessen, was die Indierocker*innen der 90er noch hätten vertonen wollen.

Mag die Insel noch so klein sein, Coach Party werden sicherlich bald ein größeres Publikum für sich begeistern können.

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