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Wet Leg – Live in der Kantine, Köln

Endlich mal wieder ein echter Indie-Rock-Hype. Und dann auch noch so ein außergewöhnlicher wie Wet Leg. Bei Streaming-Zahlen im Millionenbereich und Lobeshymnen für das Debütalbum “Wet Leg” war es keine Überraschung, dass nicht nur der Tour-Stopp in der Kölner Kantine sehr früh ausverkauft meldete. Enttäuscht wurde am gestrigen Abend garantiert niemand.

Während quasi nebenan in der Lanxess-Arena parallel Placebo den Indie-Entwurf längst vergangener Zeiten auf die Bühne brachte, war in der Kantine alles auf den Sound der Stunde ausgerichtet. Umso überraschender, dass der Altersdurchschnitt des Publikums bei Mitte 30 lag und eben nicht nur die Gen Z angerückt war. Sogar der WDR Rockpalast zeichnete auf.

Erstmal durften sich Coach Party daran versuchen, die vielen begeisterten Gesichter zur Euphorie zu treiben. Ihren auf Platte doch bei aller Widerspenstigkeit stets melodischen Klang spielte das Quartett noisig, der Fokus lag auf Gitarrenriffs, Mathrock-Elementen und ganz vielen Rhythmuswechseln. Mauer Sound, dennoch ein spannender Auftritt.

Ganz anders sah das Ganze dann bei Wet Leg aus, bei denen glücklicherweise alle Tontechniker*innen frohlocken würden. Und nicht nur das: Instrumente und Gesang waren auch so von Anfang bis Ende auf höchstem Niveau, für eine Debütalbum-Tour sogar ganz großes Kino.

Wer unbedingt einen Wermutstropfen an diesem Abend finden möchte, könnte die sich langsam aufbauende Stimmungslage bemängeln. Wet Leg und Publikum brauchten etwas Zeit, der Siedepunkt war trotz der offensichtlichen Zufriedenheit nicht direkt erreicht. So ist das eben mit etwas schüchternen Musiker*innen.

Trotzdem: Auch live ließ dieses meisterhafte Songwriting keinen Zweifel an dem Ausnahmestatus des Duos. Dafür bekamen Rhian Teasdale und Hester Chambers Unterstützung von einer dreiköpfigen Tour-Band, die freundschaftlich auftrat, dem Duo aber nie das Rampenlicht stahl.

Dieses wiederum brachte mit charmant-weirden Ansagen und Choreos genau so viel Quatsch-Faktor in ihre Show wie in ihre Lyrics. Sympathie-Level 1000.

Mit den zwei Non-Album-Tracks “Obvious” und “I Want To Be Abducted (By A UFO)” setzte die Band zwei ungewöhnliche Duftnoten – ersteres geht in einer theatralischen Art-Pop-Sphäre auf, letzteres zelebriert tosenden Noise-Rock. Ansonsten war das Konzert eben: Indie-Rock vom feinsten, mit Melodien, die auch den Pop neidisch machen würden.

Das Publikum liebte es offensichtlich, mitgesunden wurde stets fleißig, besonders laut aber bei den offensichtlichen Hits wie “Ur Mum” (wo die Band zum finalen Schrei Besuch von Coach Party bekommt) oder “Wet Dream”.

Nach dem Highlight des Abends “Too Late Now” ging es mit “Angelica” und “Chaise Longue” dann auch endlich in den Ekstase-Moshpit, den sich diese Band mehr als alle andere dieses Jahr verdient hat. So und nicht anders geht Indie-Rock 2022.

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