MusikBlog - Entdecke neue Musik

Berglind – Feste Feiern Fallen

Wer hinter Berglind das gemeinsame Kind von Andrea Berg und Patrick Lindner befürchtet, weil die Texte noch dazu auf Deutsch sind, irrt sich zum Glück. Hinter Berglind verbirgt sich die Künstlerin Giovanna Fartacek, die sich gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder Mario als Elektro-Pop-Duo Mynth als fester Bestandteil der österreichischen Musikszene etabliert hat. Mit “Feste Feiern Fallen” erscheint nun ihr Solo-Debütalbum.

Giovanna singt tiefer als gewohnt. Inspiriert von der Schauspielerin und Sängerin Erika Pluhar legt sie ein durchdringendes Pathos in ihre Stimme und verleiht den Texten nochmal mehr Gewicht. Stilistisch bewegt sie sich nicht allzu weit vom vertraut melancholischen Sound von Mynth weg.

Über dunkle Beats schichten sich in “Suchst du mein Herz” kratzige Gitarren und breite Synths, bis der Opener mit Tränen in den Augen tanzend eskaliert. Eine wohlige Traurigkeit setzt ein, die sich entlang des rastlosen Suchens und Findens durch das gesamte Album zieht.

Deutschsprachige Texte halten zumeist nur schwer dem Kitsch-Test stand, obwohl die Plattitüden selten plumper sind als in englischen Lyrics. Berglind macht auf “Feste Feiern Fallen” einen weiten Bogen um abgegriffene Floskeln. In Selbstmitleid suhlen wird hier zur heilenden Schlammkur.

Verschnörkelt und bildstark tobt sich Berglind in “Träum lauter” aus: “Wenn Zeit vergeht, sprühen Funken, hab den Moment ertrunken, zu oft im Wind gedreht, heute ist es zu spät”. Dass man nicht zwingend schreien muss, um sich Gehör zu verschaffen, zeigt sie auch in “Laut sein”. Vielmehr appelliert Berglind an den Ausbruch aus dem Stillstand und der Apathie.

Fernab von tanzbaren Hymnen wie dem wabernden “Bleib” oder dem pulsierenden “Insel der Verlorenen” zelebriert Berglind auf “Feste Feiern Fallen” auch akustisch reduzierte Tracks. Getragen von warmen Klavierakkorden richtet Giovanna in “Weiter” den Blick nach vorn, während sie in “Rausch” versucht, am letzten Glimmen des erloschenen Feuers festzuhalten.

Denn Abschied ist nie leicht. Das zeigt auch der Schlusstrack “Chianti”. Zwischen Aufbruchsstimmung und Nostalgie stolpert Berglind abwechselnd über filigranes Klavier und wehmütig verzerrten Gitarren. In ihrer säuselnden Stimme hört man die getrockneten Rückstände am Weinglas.

Mit “Feste Feiern Fallen” gelingt Berglind ein Debütalbum zwischen scharrenden Elektrosounds, luftigem Pop und auch ein wenig Chanson. Voller Schwermut kann man sich in düstere Abgründe stürzen und doch hoffnungsvoll gen Himmel blicken. Schmerz kann so poetisch sein.

Facebook
Twitter

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke