Die Zeitlupen-Künstler Wilco bleiben das entschleunigste Häufchen Elend der Welt. In dieser Postion aber auch das beste. Dank ihrer neuen Produzentin Cate Le Bon erhalten neue Facetten in homöopathischen Nuancen Einzug.
Das eröffnende „Infinite Suprise“ verpackt mehr Ideen und schräge Bläsersetze, als für gewöhnlich in einen Wilco-Song passen. Bevor sich ein angedeutetes Noise-Intermezzo aber tatsächlich Bahn bricht, nehmen Wilco nochmal eine Windung, besinnen sich auf sich selbst und überraschen dadurch erneut.
Die Texte von Jeff Tweedy werden dabei traditionell mehr gestammelt als gesungen, immer leicht trocken und flehend. „Save me, save me againg“, heißt es in “Levee”. Wobei das Gerettet-Werden immer körperlicher wird. Gemeint ist die Rettung vor Krankheit, Krise und Rückenschmerzen.
„I’d love to take my meds like my doctor said, but I worry if I shouldn’t instead let you save me again.“ Das hat einerseits etwas Tröstliches, wie das Nach-Hause-Kommen im Regenwetter, gleichermaßen aber auch etwas leidvoll Gebrechliches.
Mit dem schleppenden „Pittsburg“ drückt sich der sonnigste Sonntag noch von alleine in die Couch. In einer brüchigen Pianoballade wie „Ten Dead“ macht sich Tweedy stimmlich noch mal älter als er ist und klingt mehr denn je nach Lou Reed. „I’m tired when the day breaks/ I’m tired when the day ends.“
Musik als Impulsgeber für die Generation Z geht definitiv anders. Musik für Boomer allerdings auch. Dad-Rock hin, Midlife-Crisis her. Melancholie ist schließlich alterslos.
Der Verdienst an „Cousin“ liegt vor allem darin, dass sich Wilco – trotz der Alterserscheinungen – wieder zu experimentieren trauen und dennoch genau die adressieren, die sie schon immer adressierten, weil sie auch im leicht Gewagten unverkennbar Wilco bleiben.
Ihr flauschiger bis struppiger Americana hat dadurch die hermetischen Fähigkeiten, jenen alles zu bedeuten, die auch The Flaming Lips oder Mercury Rev nur ungern teilen. Für alle anderen gibt es weiterhin nichts zu hören.