Tapete Records und ihre deutschsprachigen Antihelden, das ist und bleibt eine sichere Bank für alle, die keinen Deut auf sichere Banken geben. „Sie kommt durch die Lüfte, man kann sie nicht sehen/ Man kann sie nicht greifen, und trotzdem verstehen/ Das ist nur Musik/ Das sind nur Wort und Noten/ Geschrieben von Idioten/ Gesungen meist von Toten“.

Geschrieben und gesungen in diesem Fall von Andreas Dorau, der neuerdings mit Synthpop aus der humorvoll-hintersinnigen Ecke der BRD Herzen im Diskotakt höher schlagen lässt – ohne den Klamauk überzubetonen.

Tatsächlich hat der Humor seine Grenzen und steht immer auch in leicht bedröppelter Schieflage im Schaukasten. Im Grunde handelt es sich bei „Im Gebüsch“ um eine latent melancholische, bisweilen prosaische, in jedem Fall aber elektronischere Version eines PeterLicht.

„Die Welt ist ein seltsamer Planet, der sich für manche zu langsam dreht/ Die Menschen sind komische Wesen, und am Ende ist da niemand gewesen“

Dass Dorau laut eigener Aussage seltener lacht als der Bundesdurchschnitt und deshalb auch im fortgeschrittenen Alter keine Falten hat, dafür sind solche Zeilen ein weiteres Indiz.

„Ich sein, das kann ich gut“, singt einer, der sein neues Album an seinem 60. veröffentlicht, um nicht weiter über seinen Geburtstag nachdenken zu müssen.

Einer, der in „Rainy Days In Moscow“ erstmals auch auf Englisch textet. „Touristen Englisch“, um bei Doraus Worten zu bleiben, wie man es in der russischen Hauptstadt – aus Gründen – immer seltener hören dürfte.

Einfache Beats, noch einfachere Melodien und fassliche Lyriks ergeben in seinen Händen dafür umso Hörenswerteres. Die Absicht dahinter: möglichst viele Jahre elektronische Musik zu streifen, ohne zu persiflieren, nicht dass man am Ende noch mit Fraktus in einer Reihe steht.

Außerdem gilt: Sterben verboten, auch für Haustiere. „Hamster Rudi darf nicht sterben, der soll ja später alles erben/ Das signierte Foto von Loki Schmidt, das nehme ich mit.“

Nein, bei Dorau hat der Ernst zwischen den Lachern Methode. Deshalb ist es auch naheliegend, dass er mit Sven Regener zwei Bücher verfasste, die trotz ihres autobiografischen Charakters die Reihen von Romanen aufwerten. Diesen literarischen Exkursen gemein hat „Im Gebüsch“ den hohen Unterhaltungsfaktor.

Da wünscht man sich insgeheim, Dorau würde eines Tages mal „Low Fidelity – Hans E. Plattes Briefe gegen den Mainstream“ von Gereon Klug vertonen. Ökonomisch wäre auch das gewiss keine sichere Bank und deshalb ein klarer Auftrag an Tapete Records.

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