Wäre es nicht schön, in der Welt von Tim und Struppi zu leben? In einer Welt, in der alles ganz klar und einfach erscheint – und sich das Böse mit Hilfe eines weißen Foxterriers besiegen lässt? Den Soundtrack zu jener Welt liefert uns nun Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen mit „Egg Benedict“.
„Der Himmel ist blau, das Wetter ist schön“ – auf den ersten Blick gilt das nicht nur für das dem Hergé-Comic gewidmete „Picknick Auf Schloss Mühlenhof“, sondern für die gesamte neue Platte.
„Es ist nett, nett zu sein“, sang Carsten Friedrichs, Kopf der 2012 gegründeten Liga, schon vor einigen Jahren. Ist „Egg Benedict“ also vielleicht einfach ein nettes Album? Ein Vehikel, um der düsteren Realität, von fluffigen Soulrhythmen begleitet, zu entfliehen?
Verdächtig fröhlich tönt es in jedem einzelnen Stück der Hamburger Band – so auch auf „Ein Dienstag In Dur“, in dem die Schönheit des Frühlings besungen wird. Doch die Risse im Idyll sind nicht zu übersehen: Denn schön ist es vor allem anderswo, im Hier und Jetzt lauert „Schimmel an der Wand“.
Ähnlich subtil geht es auch auf dem sanft wogenden „Paare Vorm Kino“ zu, in dem Friedrichs die Heimeligkeit eines gemeinsamen Kinobesuchs ausleuchtet, ehe auch hier zum Ende des Stückes der Pferdefuß wartet. Denn weiterer Zweisamkeit steht die Frühschicht und langes Pendeln im Wege.
Was also tun? Sollen wir weglaufen oder die Probleme lösen? Sollen wir dem berühmten Song von Gerry & The Pacemakers („You’ll Never Walk Alone“) glauben und auf die Gemeinschaft bauen oder uns absondern, wie uns das glückselig tänzelnde „Ich geh Lieber Allein“ nahelegt?
Solcherlei und andere Fragen wabern auf dem siebten Studioalbum der Liga hin und her. Die Songs, der Leichtigkeit des Northern Soul verpflichtet, gleichen dabei 12 kurzen, rasanten Spritztouren, die uns – den Abenteuern von Tim & Struppi ähnlich – in verschiedenste Welten führen.
Die vermeintliche Nettigkeit der Arrangements wird dabei immer wieder gekonnt durchbrochen. Was der einen der Schimmel an der Wand oder die Frühschicht am Morgen, sind dem anderen die „Union Buster“ des größten Onlineversandhändlers der Welt.
Um sich gegen solche „Schurken“ zu wehren, kann weder der weiße Foxterrier noch die zuvor empfohlene Vereinzelung helfen. Hier braucht es die Solidarität der Gemeinschaft – und eine schlagkräftige Gewerkschaft.
Wer mehr wissen will, sollte „Egg Benedict“ hören, ein aus der Zeit gefallenes Stück Popmusik, ein in seiner vermeintlichen Einfachheit schon wieder komplexes Werk.