MusikBlog - Entdecke neue Musik

Brimheim – Ratking

Helena Heinesen Rebensdorff. Welch ein klangvoller Name, verwunderlich, dass die Sängerin von den Faröer Inseln Brimheim zu ihrem Künstlernamen gemacht hat. Der Güte ihrer Musik tut das jedoch keinen Abbruch, hat bereits das Debütalbum “Can’t Hate Myself Into A Different Shape” für Begeisterung gesorgt, wird der Nachfolger “Ratking” dem in Nichts nachstehen.

Die junge Singer/Songwriterin präsentiert das Album zwar eher morbid und skurill, glänzt inhaltlich aber mit Indie-Pop-Instrumentierungen, chanson-esken Momenten und einer wohlig warmen Stimmlage.

Bereits der Opener “Dancing In The Rubble” sorgt mit knarzigem, posaunenden Intro für einen launigen Einstand, der sich auf Rebensdorffs Gesang konzentriert. Dieser erinnert nicht selten an die junge Cher, wandelt leicht ins Kehlige und hat ein Gespür für Songdynamik.

“Into The Ooze” etwa, hinter dessen poppigem Gitarrengewand textlicher Tiefgang zu finden ist, schickt Rebensdorff die Tonleiter mehrfach rauf und runter. Sie lässt das Tempo des Refrains anschwellen, bevor sie croonend die gewohnte zentrale Position zurück erobert.

Dieses perfekte Zusammenspiel aus Gesang und Instrumenten, gipfelt im harmonischen “Normies” oder der zarten Ballade “Keep Bleeding Diamonds”, dessen Chorus zum mitreißenden Popmoment wird.

Mit “Fell Through The Ice” wird zwischenmenschlicher Schmerz auf fragilem Stromgitarrenspiel verarbeitet. Elektro-Dadaismus erweitert den Horizont des Titels und auch das anschließende, selbstreflektierende “Literally Everything” profitiert von den pluckernden Spielereien.

Zartbesaitet hingegen dröselt sich “Snow Angels” langsam ins Gehör. Beschwingt vom Vibrato, tanzen die Saiten und auch die flötenden Hintergrundklänge im Rausch der Frequenzen. Das klingt so, wie man sich die Faröer Inseln vorstellt. Windig, kalt und an jeder Ecke findet sich etwas Wunderbares.

Nicht ganz so wunderbar ist “Brand New Woman”, das gemeinsam mit Eee Gee aufgenommen wurde. Die Stimmen der beiden Däninen ergänzen sich, jedoch schießt der Refrain derart durch die Decke, dass man kurzfristig die Befürchtung hat, er wäre Brimheims Eurovision Song Contest Bewerbung.

“No Liver, No Lungs” versöhnt mit verträumtem, verquerem Indie-Pop.

“Surgeon” wird zum fiebrig instrumentierten, pulsierenden “Kate Bush auf Technobeats”-Moment. Dabei handelt es sich aber keineswegs um irgendwelche modernen Mashups, sondern um fein ziselierten Gesang, garniert von einer Uptempo Soundkonstruktion.

Wesentlich strukturierter macht es “Grinding Boulders”. Mäandernd betet Rebensdorff kehlig ihre emotionalen Bedürfnisse zu schrammelnden Gitarren herunter und entgleitet zum Ende in ein Chanson.

Träge – ja schwer macht es uns “Hurricane”. Der Gesang testet Belastungsgrenzen von Hochtönern aus, bewegt sich im Rhythmus des Pianos langsam in tiefere Ebenen, um das Album gebührend zu Ende zu bringen.

Vielseitig und vor allem harmonisch stimmig instrumentiert, sorgt “Ratking” für so manchen Aha-Moment. Brimheim schafft etwas, das wenige Künstler*innen derart gelungen präsentieren können – ihr Album wirkt trotz der abwechslungsreichen Erkundungsfahrten durch das Genre erstaunlich homogen, lädt zum Entdecken ein und verknotet sich, ebenso wie der Ratking es tut, zu einem besonderen Hörerlebnis.

Facebook
Twitter

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke