Stets pendelnd zwischen urbanen Club-Sounds und melodischen Electro-Pop-Klängen fungierte das Kölner Pop-Duo Coma nur allzu gerne als Nische für launische und sprunghafte Fans von elektronischer Musik. Mit ihrem City Slang-Debüt „Voyage Voyage“ wendete sich das Blatt. Erstmals arbeiteten Marius Bubat und Georg Conrad mit gängigen Songstrukturen. Auch auf ihrem neuen Album „Fuzzy Fantasy“ vertrauen die Rheinländer dem klassischen Verse-Bridge-Chorus-Prinzip. Kurz vor der Veröffentlichung von „Fuzzy Fantasy“ trafen wir uns mit Marius und Georg zum Interview und sprachen über das Wechselspiel von Stimmungen, interne Arbeitsprozesse und effizientes Denken und Handeln.
MusikBlog: Marius und Georg, euer letztes Album „Voyage Voyage“ liegt nun schon seit fast fünf Jahren im Regal. Viele Elektro-Acts haben während der Pandemie wenigstens ein „Corona-Album“ veröffentlicht – ihr aber nicht. Woran lag’s?
Marius Bubat: Als das mit Corona losging, saßen wir zunächst mit allen anderen im selben Boot. Wir waren genauso geschockt und hatten den Drang, uns erstmal im Studio einzuschließen und neue Songs zu schreiben. Wir haben uns aber auch schnell wieder von dem Druck lösen können, da wir ja auch Familie haben und neben der Band auch noch in andere Projekte involviert sind. Dann kamen die ganzen „Corona-Alben“ raus. Wir haben uns dann erstmal auf andere Sachen fokussiert und die angefangen Songideen beiseite gelegt. Ein paar Monate später hat’s dann aber auch wieder in den Fingern gekribbelt. Wir haben dann ein paar Singles veröffentlicht und uns langsam in den Albumprozess reingearbeitet.
MusikBlog: Die Corona-Zeit hat vielen Bands die Beine gebrochen. Wie sehr stand euer Projekt auf der Kippe?
Georg Conrad: Um ehrlich zu sein, gar nicht so, denn wir sind ja nicht so klassisch unterwegs wie die meisten anderen Bands. Wir haben noch andere Projekte, um die wir uns kümmern und wir sind ja auch keine Band, die sich über das Live-Spielen definiert. Wir haben keine 150 Gigs im Jahr auf dem Schirm, damit das Ganze läuft. Wir sind da viel kleiner aufgestellt. Mittlerweile spielt auch das Familienleben eine immer größere Rolle bei uns, so dass ellenlange Touren auch gar keinen Sinn machen würden. Wir haben unsere Städte und Gegenden, in denen der Zulauf gut ist. Da sind wir dann auch gerne am Start.
MusikBlog: Musikalisch präsentiert ihr euch mit dem neuen Album erneut sehr harmonisch und wieder stark der klassischen Songwritingkultur zugewandt.
Georg Conrad: Wir haben diese Happy-sad-Stimmung ja schon immer in unserer Musik. Wir kommen ja eigentlich aus dem klassischen Bandkontext und haben uns erst später der reinen Club-Musik zugewandt. Das war und ist also alles nichts wirklich Neues für uns. Wir stellen uns halt immer die Frage, wie wir diese beiden Stimmungen am besten verbinden können. Das hat beim letzten Album schon ganz gut geklappt – und ich denke, dass wir das diesmal auch wieder hinbekommen haben. Es geht ja auch irgendwie darum, die eigenen Überzeugungen konsequent weiterzuführen und auch auszubauen. Das ist natürlich eine Herausforderung. Aber der stellen wir uns gerne.
MusikBlog: Spaziert ihr Hand in Hand durch den kompletten Entstehungsprozess, oder hat jeder einen bestimmten Aufgabenpart?
Georg Conrad: Ich muss gestehen, dass ich unter einer gängigen Musikerkrankheit leide – ich fange immer viel an, komme dann aber nicht überall zum Ende. Marius stellt sich da glücklicherweise wesentlich fokussierter auf. Wenn es ums Mixing und den endgültigen Feinschliff geht, dann ist meist er an der Reihe, das liegt dann in der Regel in seinen Händen.
Marius Bubat: Die ersten zwei Wochen stecken wir schon gemeinsam die Köpfe zusammen. Das haben wir bei den letzten beiden Alben sogar noch intensiviert. Wir haben uns richtig abgeschottet und Ideen gesammelt. Im Anschluss teilen wir uns dann aber auf, so dass wir beide mit den Instrumental-Demos sehr individuell arbeiten. Dann schauen wir irgendwann, wer zu welchem Song die zündende Idee hat und wie wir die Gesangsparts aufteilen. Wir sind mittlerweile auch sehr effizient, weil wir wissen, was der eine vielleicht nicht ganz so gut kann wie der andere.
MusikBlog: Ihr macht jetzt schon ziemlich lange gemeinsam Musik. Wie kam es damals eigentlich zu dem Soundwechsel in Richtung Club-Szene?
Georg Conrad: Da sind wir eher so reingerutscht, das war eigentlich gar nicht so geplant. Irgendwie fanden ein paar Leute aus der Branche unsere damaligen Sachen ziemlich cool. Daraufhin haben wir eine Einladung für die „Total Confusion“ Partyreihe bekommen. Die Leute dort waren der Meinung, dass unsere Sachen auch richtig gut im Club funktionieren. So kam das dann alles irgendwie ins Rollen.
MusikBlog: Ihr habt damals auch übers Goethe-Institut Shows in Indien und Vietnam gespielt. Wie war das denn?
Marius Bubat: Ja, das war natürlich auch ziemlich krass. Später während der Club-Zeit waren wir auch noch in Südamerika und Australien unterwegs. Zu der Zeit sind wir generell noch mehr getourt. Das war schon alles auch sehr prägend und inspirierend.
Georg Conrad: In Asien beispielsweise sind die Leute auch ganz anders drauf. Da haben wir auf Festivals gespielt, da war komplett alles bestuhlt. Die Leute da waren dann zuerst sehr reserviert, sind dann aber irgendwann total ausgeflippt und eskaliert. Wir wurden auch mal eine Zeit lang in Georgien total gehypt. Da wurden wir dann sogar am Flughafen erkannt und wie Stars behandelt. Das sind natürlich Eindrücke, die du mitnimmst und so schnell nicht wieder vergisst.
MusikBlog: Das sind wahrscheinlich Erinnerungen, die ihr heutzutage am Familientisch mit einem Schmunzeln im Gesicht teilt, oder?
Marius Bubat: Klar, die Zeiten haben sich geändert. Wir sind nicht mehr alleine unterwegs, daheim warten Kinder und die Familien auf uns. Normalerweise musst du als Musiker alles beiseite schieben, wenn es um den kreativen Prozess geht. Das funktioniert aber so natürlich nicht mehr. Wir können nicht einfach so nach Hause kommen und sagen: Wir sind jetzt mal drei Tage ohne Handy weg, weil wir Songideen ausarbeiten müssen. Da müssen wir jetzt viel effizienter denken und auch handeln. Das kriegen wir aber ziemlich gut hin.
MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.