Auch wenn der Titel „Frog In Boiling Water“ ihres vierten Albums etwas anderes vermuten ließe, drehen DIIV darauf nicht konstant die Temperatur nach oben, bis ihr Shoegaze überkocht. Sie wabern viel eher konstant um einen glühenden Kern. Und das hat bei den New Yorkern wie immer seine Reize.

Die Verschmelzung von atmosphärisch gestreckten Gitarrenklängen und 90er Schwingungen veranlasst einige zur Wortneuschöpfung ‚Grungegaze‘. Tatsächlich durchdringt die notorisch entschleunigten Songs aber allenfalls in homöopathischen Dosen jene Kantigkeit, die der Grunge als Erfolgsformel besaß.

Vielmehr fließen die Songs trotz ihrer enormen Dichte als abgerundete Stücke umeinander, unterscheiden sich lediglich in Nuancen und überzeugen eher mit eingängigen Melodiebögen als raufaserigen Riffs.

So wie etwa der Titelsong „Frog In Boiling Water“, der in seiner melancholisch getragenen Litanei einer Band wie Low deutlich näher steht als Pearl Jam.

Dazu passt dann auch die einigermaßen morbide Erklärung des Quartetts um Frontmann und Model Zachary Cole Smith, der im Titel eine Metapher auf den langsamen wie banalen Zusammenbruch der Gesellschaft im Endstadium des Turbokapitalismus sehen möchte. Das sei das kochende Wasser, und wir die Frösche.

Wirft man einen Frosch in kochendes Wasser, versucht er verzweifelt herauszuklettern. Dreht man hingegen langsam die Temperatur hoch, versinkt er in einer ruhigen Starre und wird sich mit einem Lächeln im Gesicht zu Tode kochen lassen, so Smith.

Das entspricht in abgeschwächter Form dem Rezeptionszustand dieses Album. Man ergibt sich in einem Stupor bereitwillig der ätherischen Erschöpfung hin, die hier ausstrahlt.

Und das selbst dann, wenn die Gesellschaftskritik so kryptisch ausfällt, wie bei „Soul-net“. Den getragenen, leicht disharmonischen Neunminüter kündigten DIIV auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite mit kultischer Symbolik an.

Lässt man jedoch alle Interpretationsansätze außen vor, dann machen DIIV 2024 mit den verzerrten Mitteln des Shoegazes und der Geschwindigkeit des Dream-Pop mehr denn je formidablen Slow-Core am Puls der Zeit – und die ist nunmal so lethargisch wie unangenehm.

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