Kamasi Washington selbst bezeichnet „Fearless Movement“ als sein Tanzalbum. Zumindest, wenn es um das Cover geht, behält er damit schon mal Recht. Seine kleine Tochter wollte beim Fotoshooting einfach nicht still stehen und so sieht man nur eine leicht verschwommene Version ihrer selbst, die durchaus gerade das Tanzbein schwingen könnte.
Wenn man sich daran selbst zu der Musik Kamasi Washingtons versuchen will, sollte man spontan sein. Denn auch das fünfte Album des Kaliforniers ist – trotz aller Ausflüge in die verschiedensten Gernes – tief im Jazz verwurzelt und ufert gerne genauso extrovertiert aus, wie sich das für diese Sparte gehört.
Und natürlich kommt in diesem Zusammenhang auch Washington selbst mit seinem röhrenden Tenor-Saxophon oft genug zum Einsatz. Aber im Gegensatz zu seinem Cover, bei dem er unmissverständlich mit erhobenem Haupt in der Mitte platziert ist, schafft er es in musikalischer Hinsicht auf Albumlänge nie, übermäßig in den Vordergrund zu treten. Stattdessen ist er Teil des Ganzen und schaukelt sich mit seinen vielfältigen Gastmusiker*innen in die unterschiedlichsten Sphären.
Bei einem Song wie „Dream State“ ist der Name Programm. Andre 3000 flötet die Zuhörer*innen in fast neun Minuten in einen traumähnlichen Zustand, den man dank des speziellen Sounds selbst bei hellem Tageslicht erreichen kann.
Bei „Asha The First“ hingegen, das aus einer Melodie entstanden ist, an der sich die dreijährige Tochter Washingtons am Klavier versuchte, ist es dahin mit der nächtlichen Ruhe. Spirituelle Jazz-Manifeste werden von einem monströsen Bass-Solo abgelöst, während es im Hintergrund funkig vor sich hin plätschert.
Dann übernimmt Kamasi Washington kurzzeitig die Führung, wechselt schneller die Töne, als so manches Gehör folgen kann und lässt sein Saxophon, kurz bevor Rapper Taj und Ray Austin einsetzen, regelrecht aufschreien. In diesen knapp acht Minuten vereint Washington mit seiner Band mehr Stile, Genres und musikalische Ansätze als andere auf ganzen Alben.
Man sollte sich also den Titel des Albums zu Herzen nehmen und sich ganz angstfrei auf diese bunte Reise durch die afro-amerikanische Musiktradition einlassen. Auch, wenn manches ausufernde Solo ein bisschen Geduld erfordert, wird man nicht nur außergewöhnlicher Virtuosität belohnt, sondern auch mit vielen, emotionalen Momenten, die inmitten des vermeintlichen Chaos umso heller strahlen.