“A Human Home”, der Titelsong des neuen Albums von Lucy Kruger & The Lost Boys (die meistens mehr Girls als Boys sind), beginnt zärtlich. Gezupfte Saiten, pointiert emotionale Stimme. Ihr latent atemloser Stil mehr beruhigend als Spannung erzeugend. Nackter als ihre letzten, eher noisigen Alben.
„Lover come closer to me…“ ist mehr gehaucht als gesungen. “Dripping Trees” bringt die zerrenden Gitarren-Teppiche wieder ins Spiel. Die Geige malt tragisch tiefe Dunkelheit über den monotonen Rhythmus von Gitarre und Bass. Auch wenn alle Elemente wieder da sind – es bleibt ruhig und verletzlich.
„Open Road“ steigert die Intensität zum Ende ein wenig, um mit „Rooms“ sofort wieder zurück zu fallen in etwas mehr elektronischen, minimalistisch reduzierten Sound. Gesang und gesprochener Text überlagern sich.
„A Drill“. Geflüstert und gehaucht. Lucy Krugers Stimme begleitet von Stille und vernebelt dunklen Sphären, bevor der Song in eine Art Hörstück mutiert.
Der leise zerbrechliche Grundtenor des neuen Albums unterscheidet sich stark von der Intensität und dichten Emotionalität der letzten Scheiben. Das macht auch Sinn. Faktisch ist es kein neues Album, sondern „A Human Home“ ist bereits im Lock-Down während der Pandemie entstanden. Vier Songs wurden außerdem schon auf der EP „Dripping Trees“ Anfang Mai veröffentlicht.
Kurz nach ihrem Umzug aus Südafrika nach Berlin hat Lucy Kruger die Stimmungen ihres Umfelds in Musik umgesetzt. Persönliche Emotionen aus der Isolation. Seitdem hat sie vier andere Alben herausgebracht, bevor diese Werke das Licht der Welt erblicken durften.
Das Duett „The Whale Song“ erinnert als erstes Stück daran, was für einen intensiven Sog sie mit wenigen Tönen erzeugen kann. Mehr befreiend energetisch als klaustrophobisch.
„Look at us go, so functioning brutal, lover come save me, with all your unusual…“. “Instructions For Fate” lässt die gewohnte Energie kurz wieder aufblitzen, bevor uns „A Pocketful Of Night“ wieder zurück in wunderschöne, akustisch reduzierte Traurigkeit zurückzieht.
Zum Abschluss überrascht „Golden Moon“ noch einmal mit einer fast klassischen Singer/Songwriter-Ballade.
Unglaublich, dass diese Zeit schon fast vier Jahre her ist. Die Pandemie im Alltag ist schon längst vergessen, da spült „A Human Home“ viele der Stimmungen aus der Zeit wieder nach oben. Schön, dass es vorbei ist.