‚Jeden Tag eine sanfte Versuchung‘ könnte auch der Werbespruch für eine Süßigkeiten-Marke sein, ist aber eben der Titel des neuen Malva-Albums. Und das spielt die Sache mit der Versuchung rein dramaturgisch einmal rückwärts ab. Eine Reise mit vielen Schlenkern und Schlaufen.

Am lautesten und forderndsten ist das Duo – bestehend aus Quirin und Malva – zum Ende seiner zweiten Platte: „You Came Along“ ist knarzender Indie-Rock, der die Riffs auf dem Servierteller vor sich her trägt.

Das ist für die sonst so sanften Sounds von Malva nicht nur sehr überraschend, sondern rein kulturell auch sehr nah dran an der Versuchung, an heißen Club-Nächten, an Pogo, Hingabe und dem Gefühlsmaximum.

Die anderen, komplexeren Gefühle, die mit dem Thema zusammenhängen, bekommen dafür im Vorspann ihre Bühne. Etwa, wenn „Casual Sex“ mit klassischen Singer/Songwriter-Vibes und an SoKo erinnernde Abseitigkeit den Konflikt zwischen Sex und Gefühlen ausbadet.

Oder, wenn das in sanften Jazz-Tönen tänzelnde „Blassblau“ sich zwischen grübeln und schwärmen nicht entscheiden möchte.

Oder, wenn „Brombeeren“ vor sanften Streicherarrangements ganz unbeeindruckt so einen bemerkenswerten Satz wie „Warten und Sterben fühlt sich an wie das gleiche“ umrahmt.

„A Soft Seduction Daily“ wird so zum Indie-Liebesfilm, der sich teils doch etwas viel in seiner eigenen Emotionalität suhlt, aber das eben in so einer hohen Klang-Ästhetik, dass man sich gerne darein fallen lässt.

Dafür ist die Kombination aus Quirin, der vor allem für Arrangement, Produktion plus Mix zuständig ist und Malva, die den Gesang mit einer lässigen Meisterhaftigkeit übernimmt, eingespielt genug.

Und doch überrascht diese Platte auch über den eigentlich sehr sanften Mittelteil hinweg immer wieder. Zum Beispiel mit dem lässigen „Electric“, das durchaus auch auf spät nächtlichen Tanzflächen funktionieren würde.

Oder, wenn „Paper-thin“ mit dem österreichischen Oskar Haag Schicht um Schicht eine düstere Geschichte um Verlangen erzählt.

Man muss es mögen, wen Malva zwischen Melancholie und Tremolo-Wabern in deutscher Sprache Zeilen wie „Du gibst mir die Heiterkeit zurück und dann noch einen aus“ („Glück Aufs Haus“) oder im Jesper-Munk-Feature „Romance With A Memory“ ins Ohr nuschelt.

Doch in diesem extravaganten Album steckt viel mehr als die stereotypische Versuchung von nebenan.

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