Mangos. Überall Mangos. Ob in der Literatur in explodierenden Kisten, auf YouTube mit gefühlt tausenden Tutorialvideos, wie man das köstliche Fleisch der widerspenstigen Frucht rauben kann oder in irgendwelchen Cocktaildrinks als Versüßer. Die Mango ist gefragt, so auch bei der Australierin Milan Ring, die gleich die Mehrzahl der Südfrüchte als Albumtitel verwendet.

Dabei lässt sie uns aber im Dunkeln, was sie an der Frucht denn nun so toll findet. Eigentlich auch egal, wir finden Milan so schon sehr toll. Die studierte Toningenieurin, Multiinstrumentalistin und Rapperin fühlt sich im R&B zuhause und hat bereits mit Questlove, Chance The Rapper und auch Australiens Samplekönigen The Avalanches zusammengearbeitet. Der australische Popexport schickt sich also an, in große Fußstapfen zu treten.

„Mangos“ bietet dabei ein Soundspektrum, dass den modernen R&B um Hip-Hop und auch Postfunkelemente erweitert, sich auch um ein paar elektronische Einlagen nicht schert und vor allem mit souligen Refrains punktet.

Das trifft z.B. beim Opener „Quicksand“ zu, einem soulig schwofenden, nervös Beats klopfenden Unterbau für Milans Schlafzimmer-Raps. Milans leicht raue Stimme klingt nach einer Mischung aus Rihanna und Lorde, die Texte hingegen lassen zwischenmenschliche Retrospektiven zu und sorgen sich um Sinnstiftendes.

Das Beinahe-Instrumental „Sunshine“ hingegen lässt uns träumerisch im funky Gitarrenspiel auf tropfenden Elektronikbeats verweilen.

Der Titeltrack wird nach sphärischem Intro zu einem verspielten R&B-Werk, das beim etwas zu hibbelig soundeffektiven Refrain die gesammelten Mangos bzw. Pluspunkte liegen lässt, die der Soulgesang wenig später nur bedingt retten kann.

Milans moderner R&B wirkt – trotz all dem Soul – teilweise seelenlos tanzbar-überproduziert. Dem stemmt sich glücklicherweise „River Flows“ entgegen. Im sanften Bassflow, mit mehrstimmiger Hintergrundbegleitung legt sich Milan Rings betörender, an Sade erinnernder Gesang, wärmend um die Hörer*innen. Die Intention des Gesangs macht eine Rapeinlage deutlich, die am Wasserfall zur Sache kommen will.

Auf soviel Bezirze folgt das hüften-schwingende „Leo“, das mit lateinamerikanischer Rhythmik Sandstrände und Cocktails herbeizaubert. So lange, bis die „Shadows“ der Nacht als smoother Interlude den zweiten Teil des Albums starten.

„High As The Moon“ beginnt mit einem zaghaften Piano, darauf folgen pulsierenden Beats und Milans Raps. Hormonelle Unausgeglichenheit wird mit Phantastereien und einer funky E-Gitarre zum Spacetrip.

Von dort lassen sich auch bessere „Photograph“s machen. Ein Track, der auch aus Questloves Produktionsecke stammen könnte und auch einer Alicia Keys gut stehen würde. Wer auf den Spät-90er Genresound steht, wird diese coole Instrumentalkombi feiern, die zum Albumhöhepunkt avanciert.

Die Coolness bleibt uns noch erhalten, wenn „To & Fro“ Herzschlagbeats auf starrem Gitarrenzupfen garniert, bevor Milan dem Titel Leben einhaucht und wenig später mit „Sanctuary“ das Album enden lässt, bei dem sie – zunächst akustisch schlingernd – zu ihrem Rückzugsort einlädt. Dieser lässt mit Elektrosound das Manna fließen, das den Titel in ein poppiges Balladengewand hüllt.

„Mangos“ präsentiert sich als vielseitiger, feiner R&B, der jetzt nicht unbedingt die Genre-Renaissance auslösen wird, aber einen wohl gewollten Spagat zwischen klassischem Genresound und elektronischen Spielereien eingeht.

Der Toningenieurin gelingt es meist, diese Elemente stimmig zu vereinen. So ist „Mangos“ deutlich weniger sperrig zu genießen als die namensgebende Frucht, Bananen sind mir trotzdem lieber.

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Album

Skeleten – Under Utopia

Album

Milan Ring – I’m Feeling Hopeful

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke