Seit 2010 gibt es das Elbjazz Festival, das bereits Jazzgrößen wie Gregory Porter oder Melody Gardot am Hamburger Hafen auftreten ließ. Dabei zeigte sich das Festival stets offen für Acts aus verwandten Genres, wie Soul und Funk.
In diesem Jahr verwundert man mit Hauptacts wie Jungle, The Streets und Faithless, die sich ja nicht wirklich dem Jazzgenre zuordnen lassen. Dafür findet sich auf dem überschaubaren Festivalgelände mit vier Bühnen ein deutlich verjüngtes Publikum. Auch neu als Location die Elbphilharmonie, in der Acts wie Ida Sand und Alice Phoebe Lou ruhigere Klänge erklingen lassen.
Doch kommt der Jazz wirklich zu kurz ? Nicht ganz. Schon am Eröffnungstag lässt die NDR Bigband, Scott Hamilton und Masaa keinen Zweifel daran, dass man auf dem richtigen Festival ist.
Dennoch sorgt zunächst der Belgier Warhaus am Freitag mit seiner sonoren Stimme und Bühnenpräsenz für Aufmerksamkeit.
Asaf Avidan kämpft später mit der Technik und dem aufkommenden Regen, dem typischen Hamburger Schietwetter. Der israelische Multiinstrumentalist begeistert auf seinem Bühnenwohnzimmer mit Klangeffekten und seinem außergewöhnlichen hohen Gesang.
Erster Höhepunkt des Tages wird Akua Naru, die erst spät ins Line-Up nachrücken durfte. Die mitreißende Mischung aus Soul und Hip-Hop bringt Stimmung ins Publikum und ist derart positiv das sich sogar der Regen für den Rest des Abends verzieht.
Den teilen sich wenig später The Streets und Judith Hill nur wenige Meter voneinander entfernt. Mike Skinner gibt sich publikumsnah crowdsurfend, die amerikanische Grammy-Gewinnerin hingegen spielt in der übervollen Schiffbauhalle unnahbar wie eine Grand Dame.
Während noch die letzten Beats von The Streets über den Platz wummern, macht sich bereits die französischen Scifi-Funk-Kombo L’imperatrice mit einer Mischung aus Daft Punk, 70s Disco und Scifi Bühnenshow bereit. Die Franzosen grooven das Hamburger Publikum ein für Jungle, die mit einem beeindruckenden Set den ersten Festivalabend auf der Hauptbühne beenden.
Der Samstag startet mit Daniel Kadawatha aka Arc De Soleil. Der schwedische Soundtüftler spielt mit orientalischen Einflüssen und darf sich in eine Ecke mit Khruangbin stellen. Auf der Hauptbühne finden sich wenig später Betterov ein, die dem windigen Wetter mit deutschem Indie-Rock trotzen.
Das Festival ist gut besucht und so finden sich viele Zuschauer*innen vor der Bühne bei Dina Ögon, den souligen Schweden mit leichtem Groovetouch.
Alune Wade begeistert mit seinen jazzgetränkten Afrobeats und exzentrischen Instrumentals, andernorts findet sich die Menge bei Belle And Sebastian ein. Die Glasgower bringen Spielfreude mit, können aber gegen die breiige Akustik ebenso wenig ausrichten wie gegen den einsetzenden Regen.
Regenschirme werden geöffnet und wandern weiter zu St. Paul & The Broken Bones. Die US-Soulkombo begeistert mit energischem Blues und Soul. Die achtköpfige Band um Frontmann Paul Janeway lässt freudig Hüften kreisen, auch wenn der Regen prasselt.
Es folgen BADBADNOTGOOD. Die Grammy-Gewinner bereits für Kendrick Lamar gearbeitet und haben ihre groovenden Filmmusikjazzperimente im Gepäck.
Das Festivalpublikum muss sich dann entscheiden, denn es warten Faithless als Hauptact und Alice Phoebe Lou im großen Saal der Elbphilharmonie. So findet man sich im modernen Saal wieder, den die zierliche, elfengleiche Südafrikanerin mit ihrem großartigen Singer/Songwriting erfüllt.
Während noch irgendwo Aftershow-Parties die letzten Feierwilligen Hamburgs beglückt, kann man das Elbjazz als gelungenes, etwas vom Schietwetter geplagtes, Festival bezeichnen, dessen Namensgebung – zumindest in diesen Jahr 2024 – aber ein wenig in die Irre führt. Aber wen stört das schon, wenn es sich um solch ein gelungenes Line-Up handelt.