Pet Shop Boys – Live in der SAP Arena, Mannheim

Sie gelten als das erfolgreichste Duo der britischen Musikgeschichte. Mit 22 Top-Ten– und vier Nummer-Eins-Hits war die anstehende Tour der Pet Shop Boys dann auch nur eine Frage der Zeit.

„Dreamworld: The Greatest Hits Live Tour“ nimmt die Agenda des gestrigen Abends in der nahezu vollbesetzen SAP Arena in Mannheim vorweg. Und das, obwohl mit „Nonetheless“ auch ein neues, beachtliches Album ins Haus steht.

Es fällt mit drei Songs im Set, darunter die mehr als gelungenen „Loneliness“ und „A New Bohemia“, zwar nicht hinten runter, der Fokus liegt aber klar auf Bewährtem.

Zu Beginn prangt eine Ukraine-Flagge über der gesamten Breite der Bühne. Als das Leuchten der Fahne schwächer wird und die Intro-Musik hochfährt, stehen die ersten Besucher*innen von ihren Stühlen auf – die meisten, ohne sich für den Rest des Abends nochmals zu setzen.

Mit futuristisch anmutender Maskerade, die aussieht, als hätten Neil Tennant und Chris Lowe überdimensionierte Stimmgabeln vor ihren Gesichtern, geht es unmittelbar hinein in die Hitdichte ihres Schaffens und ab nach „Suburbia“.

Die beiden tragen weiße Mäntel, die sie als zwei retrofuturistische Professoren aus einem 80er-Jahre-Labor ausweisen. Für das gesamte erste Drittel der Show spielen sie sich zu zweit, Seite an Seite, anstandslos durch ihren schnörkellosen Elektro-Pop.

Während Tennant die Stimmgabel nach „Opportunities (Let’s Make Lots Of Money)“ abzieht, lässt Lowe sie auf und hantiert an seinen Synthesizern hinter einem davor montierten Bildschirm, als wäre er der Protokollant des Abends, der Professor am Paper seiner eigenen Erfolgsgeschichte.

Bis zu „Left To My Own Devices“ gleicht die SAP Arena beinahe einem Reinraum mit einer durch und durch symmetrischen Show. Zwei vertikale LED Wände zeigen jeweils einen der Protagonisten. Selbst wenn Tennant die Wege kreuzt, bleibt das Bühnenbild visuell stringent bei seiner Reihenfolge. Links der Sänger, rechts Lowe an der Reglern.

Erst mit drei Percussionist*innen und Backgroud-Sängerinnen bricht die pedantische Sterilität auf. Unter der bis dato ereignislosen Performance offenbaren sich nicht nur neue Kostüme, sondern vor allem immer imposantere Visuals. Den weißen Kittel gegen einen schwarzen Anzug getauscht, überzeugt Tennant obenrein mit einer glasklaren Gesangsleistung – nicht zuletzt in „Se a Vida é”. Lowe widerum wechselt von seiner Rolle des Protokollanten in die des coolen DJs mit 80er Glam und Glitzer.

Es ist inzwischen ein deutlich lebendigerer Auftritt, bei dem „New York City Boy“ oder „You’re Always On My Mind“ auch vom Publikum frohlockend mitgetragen werden. An das überall auf Schildern hingewiesene strikte Foto- und Filmverbot halten sich übrigens nicht alle Zuschauer*innen, bei diesen beiden Songs nur noch die aller wenigsten.

Von der Relevanz, die die Pet Shop Boys auch heute noch mitbringen, zeugt dann ausgerechnet ihr wohl überdrüssigstes Stück „Go West“, das live viel weniger Patina angesetzt hat als im Radio.

Mit historischen Videoaufnahmen des Gay Freedom March in San Francisco aus dem Jahr 1979 strahlt der Song mit einer Brisanz und Aktualität wie kaum ein anderes Stück an diesem Abend,  obwohl mit „It’s A Sin“ und ihrer ersten Single „West End Girls“ von 1984 noch zwei Meilensteine der Karriere folgen.

“After fourty years we are still the Pet Shop Boys“, stellt Tennant fest und resümiert damit präzise den Abend. Seine stilprägende Elektro-Pop-Band ist sich über die Jahrzehnte immer treu geblieben. Ihre oft als „zu glatt“ gescholtene Songs sind hervorragend gealtert und funktionieren 2024 gerade live mindestens so gut wie in ihren Entstehungszeiten. Das muss dem erfolgreichsten britischen Duo erst noch jemand nachmachen.

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