Die Kunst, Hornbläser mit Rock-Riffs zu verschmelzen, beherrschen heute die wenigsten. Dabei liegt doch in diesem Spagat der Ursprung vieler Sixties-Subgenres von Barock-Pop bis Psychedelic-Prog. The Decemberists aus der kreativen Overflow-Stadt Portland (Oregon) sind sowas wie die härtere Ausgabe der verspielten Mercury Rev und das folktraditionalistische Alternative-Pendant zu den kanadischen Wolf Parade.

Auf “As It Ever Was, So It Will Be Again” leben die Anhänger des Adventsmonats aus, was heute allzu oft als verpönt gilt: Kakophonisches Chaos (in “Oh No!”) und das Verplempern von Zeit.

Etliche Schnörkel auf dem Album bräuchten die Liedstrukturen überhaupt nicht, um Stories und Stimmungen zum Klingen zu bringen bzw. herüberzubringen. So wie Liebhaber*innen der Kochkunst noch diese oder jene Zutat unterbringen wollen, damit diverse Komponenten vorkommen, so scheint es hier auch die musik-ästhetische bzw. musikalische Prämisse zu sein.

Connoisseure edler Tonkost kommen auf ihre Kosten: Weiches, Crunchiges, Scharfes, Saures, Geliertes, Crémiges, Bissfestes, Schaumiges, Zuckriges, Sämiges, Krosses, und weil das Auge mithört, ein Feuerwerk an Klangfarbenspielerei, etwa in “The Reapers” und quer hindurch.

Das Quintett erstreitet sich hier außerdem den Preis als beste Southern-Rock-Band des US-Nordens, “Long White Veil” führt das eindrucksvoll vor. Andererseits sorgt die Gruppe gemeinsam mit Produzent John Congleton für Verstärker-Signaturen und im Track “Born To The Morning” sogar für Garage-Anleihen.

Gleichzeitig veröffentlichen The Decemberists auf einem Americana-Label, nutzen die Lap-Steelpan als charakteristisches Instrument einiger Songs und bekennen sich zum Ur-Folker Pete Seeger.

Ähnlich wie Seeger sich über den Zustand der Staaten seine Gedanken machte, tun das The Decemberists, etwa in “Don’t Go To The Woods”.

“America Made Me” und “Black Maria” enthalten sogar den Pathos des Patriotismus. Im Loblied auf die Staaten, gesungen in Falsett, schwingt zur bunten Anreicherung der Klangfarben eine Trompete mit, und stilistisch biegen The Decemberists dabei in R&B ab.

Ebenso liegt auch Schlichteres und Puristisches bei der Band auf dem Plattenteller auf. “Never Satisfied” etwa, das ist eine erhabene, gleichmäßige Folkrock-Ballade im Stile der Counting Crows.

Der multimedial tätige Frontmann Colin Meloy ist übrigens eine umtriebige und interessante Figur. Er hat nebenbei Bilderbuch-Projekte laufen, veranstaltet mit den Decemberists bereits ein Festival, für das er andere Bands bucht. Mit ‘Illimat’ brachte er ein Brettspiel auf den Markt.

So dürfte The Decemberists der Stoff für weitere ebenso inspirierte Alben nicht so bald ausgehen.

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