„All day, every day, therapist, mother, maid / nymph then virgin, nurse and a servant/Just an appendage, live to attend him / So that he never lifts a finger“, klagt der immer breiter werdende Chor in „Labour“ an. Mehr und mehr Stimmen gesellen sich dazu, der Frust ist gigantisch, der gemeinsame Klagesang wird zur Kakophonie. „Cacophony“ heißt passenderweise das zum großen TikTok-Hype gehörende Debütalbum von Paris Paloma. Und hält dabei jedes Versprechen.
Schon „Labour“ steht dabei mit seinem mystischen Folk-Background weniger im Hyper-Pop-Sound-Zeitgeist, sondern setzt auf gigantische, nahezu monumentale Weiten.
Paris Paloma hat etwas zu erzählen und diese Geschichte rollt sie nun auf dem gesamten Album in 15 Kapiteln aus. So persönlich die Perspektive, so verbindend der Feind: Das Patriarchat ist der Endgegner.
Diesem begegnet man schon durch die Blume im Opener „My Mind (Now)“, der mit Bläsern und geschichtetem Gesang über Sexismus spricht. Die Zeile „My mind has not been silenced since you“ führt ein wiederkehrendes Motiv ein: Traumen, die das Patriarchat erzeugt hat.
Diesen nimmt sich das Trio aus „Labour“, „Boys, Bugs And Men“ und „Drywall“ am explizitesten an – von Männern, die gegen Wände schlagen, von der gemeinsamen Klage gegen eine Geschichte, die Generationen von Frauen und Queers teilen, von bösen Jungs, die zu bösen Männern werden.
Gerade in diesem Spannungsbogen, überhaupt aber auf der gesamten Platte, schafft Paris Paloma dabei wirklich Erstaunliches: Gleichermaßen eine Geschichte zu erzählen, die auf privater und gesellschaftlicher Ebene spricht, aber auch eine imposante Wortwelt voller großer Lyrics wie „When you hate the body you’re in / oh love, you’re acting just for him“ zu erschaffen.
Auf Sound-Ebene ist all das nicht minder gigantisch: Paris Paloma erinnert in ihrer ausdrucksstarken Stimmfarbe an Freya Ridings, referenziert im Sound jedoch viel mehr mystischen Folk – als hätte Aurora die Synthesizer mal wieder gegen wald-taugliche Instrumente getauscht.
Wieder und wieder türmt sich die gesamte Verzweiflung über die einengenden Strukturen auf, das Gebilde aus Sound- und Gesangstürmen nutzt sich aber dank des hervorragenden Songwritings nicht ab, sondern hat Gänsehaut-Dauerkarte.
Am Ende steht mit „Yeti“ ein Track, der das Empowerment der Platte zusammenbringt. Ein heilsames, kraftvolles, gigantisches Debüt, das fraglos zu den besten Platten des Jahres gehört.