Nachdem Dresden mit dem Teil-Einsturz der Carolabrücke unter der Woche unfreiwillig in den Fokus gerückt war, stand am gestrigen Samstag in der sächsischen Landeshauptstadt Erfreulicheres auf der Tagesordnung. Auf dem Theaterplatz wurden Legenden erwartet, hatten sich Kraftwerk für ihren einzigen 2024er Deutschland-Auftritt die Semperoper als Projektionsfläche für die ihre Multimedia-Show ausgesucht.
Auf dem weiträumig abgesperrten Areal lud kurz vor 20:00 Uhr eine Stimme aus den Tiefen der Konserve zu einem Abend mit der „Mensch-Maschine“, schritt das Quartett nacheinander zu seinen, den aktuellen Vorgaben der Ergonomie entsprechenden, Arbeitsplätzen auf dem Balkon des Opernhauses hoch über den Köpfen des Publikums.
„Nummern“ und „Computerwelt“ machte den Auftakt, grün war die Farbe, die initial die Visuals auf der Fassade und der Garderobe der Protagonisten bestimmte, flutete die Musik mit so komplexen wie eleganten Klangflächen das Gelände.
Dass der Sound dabei den Zufälligkeiten der Windböen ausgeliefert war, kann bei einem Open Air schlecht verhindert werden, einzelne „Lauter“-Rufe aus den hinteren Reihen waren dennoch nachvollziehbar, denn sicht- und tonbenachteiligt zu sein, ist angesichts der Ticketpreise verständlicherweise ärgerlich.
Das Set hatte Parallelen zum Auftritt im Albertinum aus dem Jahr 2018, die Stücke, die Kraftwerk dato wie heute performten, haben zum Teil ihre Wurzeln in jener Zeit, als die Synthesizer noch die Größe von Wäschekommoden hatten.
Ob „Autobahn“, „Das Model“, „Neonlicht“ oder „Radioaktivität“ – für den Querschnitt durch das Lebenswerk der Elektro-Pioniere sind „zeitlos“ und „visionär“ angebrachte Begrifflichkeiten, aus denen sich die Inspiration nachfolgender Musiker*innen-Generationen bis dato speist.
Die Radsportfreunde vom Rhein fuhren mehrere Etappen der „Tour De France“, rasten im „Trans-Europa Express“ über einen „Planet Der Visionen“, zogen von flächig bis technoid alle Register aus den Leiterplatten, wozu Raumschiffe und Bilder vom atomaren GAU auf dem historischen Gebäude erschienen, bis das Quartett mit „Boing Boom Tschak/Musique Non Stop“ abtrat.
Eine Zugabe war Formsache, dass „Die Roboter“ als ihre Stellvertreter das Konzert technisch-uneingeschränkt hätten abliefern können, ist bereits erprobt, hätte aber die Aura von Ralf Hütter und seinen Kollegen am Elbufer nicht ersetzen können.