“Gibt es eine Münchner Schule?” Diese Frage nach einer Verwandtschaft mit der Hamburger Schule der 90er Jahre stellen sich die Musiker der Band Raketenumschau. Es ist die Frage nach einer gemeinsamen DNS, einem gemeinsamen Stil und einer klar erkennbaren Handschrift, die Künstler*innen aus München miteinander verbindet.
Mit ihrem Debütalbum “Ist es die Euphorie?” gesellt sich das Trio zu Bands aus der Isarmetropole, durch deren Musik sich ein gemeinsamer roter Faden zu ziehen scheint: stilvolle Post-Punk-Einflüsse, erwachsene Nachdenklichkeit und die enge Verbindung zur Münchner Kunstszene.
Bands wie Candelilla und Die Sauna schlagen mit ihren Tonträgern ein neues Kapitel in der deutschsprachigen Musikgeschichte auf, das sich zu großen Teilen bei den Pop-Veteranen Blumfeld, Die Sterne und Tocotronic bedient. Und auch Raketenumschau klingen, als säße man gerade in einer Hafenkneipe auf der Hamburger Reeperbahn.
Mit der Lebens-Lakonie und dem Tausend-Meilen-Starren gestandener Junggebliebener sprechen Raketenumschau Sätze aus wie „Der Kopf schwebt in Gedanken / der Körper im Gefühl“. Sätze, die wohlvertraut wirken, so als hätte sie jemand von der Jugendclub-Toilettenwand abgeschrieben. Und doch muten sie frisch an, wie das Lieblingshemd, das auch nach der zigsten Wäsche noch wie neu aussieht.
Die Band entführt uns für kurze Zeit in einen Raum, vor dem sich die englische Sprache ganz hinten anstellen muss. Zwar versucht diese immer wieder, sich durch Einwürfe in Liedern wie „Family Bowling“ nach vorne zu drängeln, aber sie fällt sofort auf, wirkt hier wie ein Fremdkörper, entlarvt durch die Ironie-Brille der deutschen Texte.
Aber ist das, dieses Singen auf Deutsch, schon an sich ein Stilelement? Hatten wir nicht mal still und heimlich vereinbart, dass jetzt bitte alles auf Englisch zu sein hat? So als gentlemen’s agreement zwischen Künstler*innen und Konsument*innen?
Raketenumschau scheinen dieses Memo nicht erhalten zu haben. Die Band steht weltmännisch über den Dingen, und doch mittendrin. Mittendrin zwischen deutschen Bands, die frischen Wind in eine Sprache bringen, die sich gefühlt längst aus dem Radio verabschiedet hat.