Nachts sind wir Geister. Das Zwielicht umhüllt uns, wir fliegen durch eine Welt aus Licht und Schatten. Und wir wünschen uns, nie aufzuwachen.
Wer ein schlechtes Album von Trentemøller kennt, der werfe den ersten Stein. Klingt vielleicht polemisch. Aber man muss nicht Fanboy des Elektro-Eklekten aus Dänemark sein, um zu wissen: Der Mann hat mit seinem neuen Album „Dreamweaver“ wieder mal ins Schwarze getroffen.
Während auf der letzten Platte „Memoria“ noch die Synthesizer Überstunden schieben mussten, hat der Däne diesmal zur Gitarre gegriffen. Aber Trentemøller wäre nicht Trentemøller, wenn er den Reverb-Regler nicht bis zum Anschlag aufdrehen würde.
Es klingt alles schön düster. Der Drumcomputer ballert satt, der Gesang kommt aus einer fernen Galaxie, und die tiefgestimmten Gitarrenakkorde hallen von Wand zu Wand. So viel Trentemøller‘schen Darkwave hat man nicht mehr gehört seit „Fixion„.
Auf Liedern wie „I Give My Tears“ und „Behind My Eyes“ singt die isländische Singer/Songwriterin DÍSA über Vergänglichkeit und die Kälte, die kommt, wenn Gott die Sonne auf Talfahrt schickt. Passend dazu erklingen Basslinien, die an Joy Division gemahnen.
Überhaupt verneigt sich Trentemøller auf „Dreamweaver“ vor den Größen des Darkwave. Aus seiner Vorliebe für eher schwermütige Bands wie The Cure und Depeche Mode hat er nie einen Hehl gemacht. Und das lässt sich mit beiden Ohren greifen.
Schon mit „Fixion“ von 2016 hat sich Trentemøller an Themen des Darkwave ausgetobt. Das hat nicht jedem Kritiker geschmeckt. Aber die Fans haben die dunkle Atmosphäre der Platte gefeiert. Auf „Dreamweaver“ bricht diese Lust am Dunklen voll aus dem dänischen Elektro-Musiker heraus und nimmt den Hörer mit auf eine fröhlich bedrückende Traumreise, die diesen nicht mehr loslässt.
Am besten hört man sich das Album im Auto an, bei der Fahrt über eine autoleere Schnellstraße. In diesen zwielichtgetränkten Stunden zwischen tiefster Nacht und Morgengrauen. Durch eine Welt aus Licht und Schatten.
