Die brutalistische Architektur des Tempodroms, angelehnt an Oscar Niemeyers Kathedralendesign von Brasilia, hätte keine passendere Kulisse für den gestrigen Novemberabend bieten können. Molchat Doma verwandelten das Berliner Wahrzeichen in einen Tempel der Finsternis, in dem sich die graue Novembertristesse der Hauptstadt mit belarussischer Melancholie zu einem berauschenden Cocktail vermischte.

Frontmann Egor Shkutko vollführte seinen hypnotisierenden Schlangentanz auf der Bühne. Seine Bewegungen wirkten wie ein düsteres Ritual, das die Menge in seinen Bann zog.

Die russischen Texte wurden dabei zur zusätzlichen Klangfarbe in diesem düster-tanzbaren Gesamtkunstwerk – ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass echte musikalische Emotion keine Übersetzung braucht. Molchat Domas Sound ist der Soundtrack eines Lebensgefühls, das in der Tristesse des urbanen Lebens eine seltsam tröstliche Schönheit findet.

Das Publikum war ein faszinierendes Kaleidoskop der alternativen Szene: Waver in klassischem Schwarz mit Bondage-Accessoires standen neben Mädchen in Anime-Convention-Kostümen, während ältere Herren in verblichenen The-Cure– und Depeche-Mode-Shirts nostalgisch mittanzten. Die Generation Z war zahlreich vertreten, dank TikTok und Instagram hat die Band auch eine junge Fangemeinde gefunden.

Was hier entstand, war mehr als nur ein Konzert – es war ein Zufluchtsort im späten Hyperkapitalismus. Eine Community von Gleichgesinnten. Die Band predigte ihre Botschaft der Melancholie und Tristesse an die Massen, und das Tempodrom verwandelte sich in eine Kathedrale der urbanen Entfremdung.

Der 80s-Sound, geschickt mit tanzbarer elektronischer Musik verbunden, mal düster, mal überraschend poppig, schuf den perfekten Soundtrack für alle, die sich in der modernen Welt manchmal verloren fühlen.

Nach dem letzten Song strömten die Besucher erfüllt in die Berliner Nacht hinaus, verbunden durch die geteilte Erfahrung, dass manchmal die größte Gemeinschaft in der gemeinsamen Entfremdung liegt. Für einen Abend waren wir nicht mehr allein mit unserer Melancholie – wir feierten sie gemeinsam.

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