Man könne meinen, Balthazar hätten nicht genug zu tun. Oder vielleicht haben die Musiker einfach keine Lust mehr auf ihr eigentliches Hauptprojekt? Seit dem letzten Album der Belgier sind mittlerweile schon fast vier Jahre vergangen und auf den Social-Media-Kanälen der Band sieht es nicht gerade so aus, als würde ein nächstes in den Startlöchern stehen. Stattdessen wird den unterschiedlichen Bandmitgliedern zu ihren Solo-Alben gratuliert. So zuletzt Jinte Deprez alias J. Bernardt im Mai dieses Jahres.
Und so beschreitet auch Maarten Devoldere weiterhin als Warhaus Solo-Pfade. „Karaoke Moon“ ist sein drittes Album. Zugegeben, soundtechnisch beschreitet er Wege, die von dem energetischen Power-Indie-Rock von Balthazar mehr als einen Katzensprung entfernt sind.
Auch auf „Karaoke Moon“ geht es schwer rotweingetränkt zu. Es liegt nicht nur an dem charismatischen, tiefen Timbre Devolderes, dass einem beim Hören dieses Albums ganz nostalgisch zumute wird.
Wenn er in „Hands Of A Clock“ zu getragenen Streichern und einem walzernden ¾-Takt proklamiert, ein Kind der Nacht zu sein, dann könnte man fast meinen, dass hier ein James-Bond-Schurke zu Wort kommt, der mit einem Augenzwinkern und einer Rose im Knopfloch seinen nächsten Coup ausheckt.
In anderen Songs blitzt durch die nostalgische Schwere hingegen auch ab und an mal die Moderne durch. So beispielsweise bei „Jim Morrison“, bei dem der gezupfte Kontrabass in den Strophen ein überzeugender Kontrahent zu Devolderes Vortrag ist, der hier fast an Sprechgesang anmutet. Soulige Backgroundchöre, ein jazziges Klavier und die überraschend elektronischen Beats befreien den Song von einer zu dichten Schicht an Patina.
An Experimentierfreude mangelt es Warhaus auf „Karaoke Moon“ trotz der übergreifenden Crooner-Nostalgie nicht. „Jacky N.“ kommt als reiner Instrumental-Track hinterher und das mystisch-atmosphärische Intro von „Zero One Code“, bevor Devolderes kurz alleine mit einem eingängigen Gitarren-Riff übernimmt, ist ein guter Vorgeschmack auf die Bridge gegen Ende des Fünfminüters.
Was zunächst nach Vogelrufen klingt, wird kurze Zeit später von heftigen Atmern unterstützt, auf die jeder Yogi stolz sein könnte. Sollte ein Breathwork-Coach noch auf der Suche nach einem passenden Soundtrack sein – bitte schön!
Man kann nicht leugnen, dass Devolderes mit seiner charismatischen Stimme einen Sog entfaltet, in den man sich vor allem an grauen Herbsttagen gerne hineinziehen lässt. Auf Albumlänge jedoch ist so viel Schwere und Nostalgie schwer verdaulich.