So sicher wie das Christuskind am Heiligabend auf die Erde, kommt Phillip Boa mit dem Voodooclub seit 2001 in der Nachweihnachtszeit in die Leipziger Moritzbastei.
Drei Konzerte spielt die Indie-Ikone dort in der kleinen Veranstaltungstonne, was den Auftritten einen so familiären Rahmen gibt, wie in der Regel das vorangegangene Fest. Wer allerdings zur Feier zu spät kommt, riskiert, dieser nur akustisch beizuwohnen, so voll ist es im Gewölbe unter der Stadt.
Die Veranstaltungen sind regelmäßig weit im Vorfeld ausverkauft, die Tickets so begehrt wie bei seinem Ost-Berlin-Gastspiel kurz vor dem Mauerfall, er und sein Voodooclub haben seither nichts an Strahlkraft verloren, wie an der Chartplatzierung des diesjährigen Re-Release vom 1988er Major-Debüt „Copperfield“ abzulesen war.
Zeitzeugen erinnern sich an das 1989er Vorprogramm. Die DDR-Alternativ-Helden Die Vision eröffneten den Abend in der Werner-Seelenbinder-Halle, in Leipzig bietet der Dortmunder dafür stets lokalen Künstler*innen eine Plattform. Am gestrigen Sonntag war es Interflug, die mit leichtgängigen Bass und Beats – mit denen sich das Duo in der hiesigen Clubszene bereits einen Namen gemacht hat- zu überzeugen wussten.
Per „Til The Day We Are Both Forgotten“ holt Phillip Boa die Fans seiner Generation und die nachgerückte Anhängerschaft für eine Werkschau ab, in der von jeder Menge Evergreens über das krachende „A Crown For The Wonderboy“ bis zum live entschleunigten Popsong „Deep In Velvet“ kaum eine Facette seiner langen Karriere unterrepräsentiert bleibt.
Das einst so angespannten Verhältnis Künstler/Publikum ist hier – wie längst überall – Legende, wie immer ohne viel Worte, dafür umso charismatischer führt der Protagonist durch eine Show, in der die Besucher*innen stimmstark bereits bei der zweiten Nummer „Loyalty“ bezeugen und sein Team vor Spielfreude strotzt.
Dem Meister – der vor 30 Jahren in der Easy Schorre im benachbarten Halle beim Gig des kurzlebigen VodooCult nach der Zugabe verkünden musste „Wir haben keine Songs mehr“ – geht nach 18 Studioalben mit dem Voodooclub das Material natürlich nicht aus.
Die Hymnen „Fine Art In Silver“, „Diana“, „Happy Spider“ „This Is Michael“, „And Then She Kissed Her“ und „Container Love“ werden so frenetisch gefeiert, wie „Rome In The Rain“ oder „Cruising“ aus späteren Schaffensphasen des ehemaligen Exil-Maltesers.
In der Zugabe läuft der Joy Division-Klassiker „Love Will Tear Us Apart“ – für die Konstellation Phillip Boa And The Voodooclub/Leipzig ist das eher unwahrscheinlich.