Mit dem Format Mixtape hat Greentea Peng schon Erfahrung auf „Greenzone 108“ im Jahr 2022 gesammelt. Ihr zweiter Longplayer „Tell Dem It’s Sunny“ nach dem Debüt „Man Made“ (2021) lässt sich auch wie ein Mixtape hören.
Das gemeinsame Band, das alle Tracks verbindet, sind Gestaltungsmittel aus Drum and Bass und Jungle. Der Aufbau erweist sich als fortwährende Steigerung, mal durch Lärm, mal durch gekonntes Ausdehnen von Ruhe und Beschaulichkeit, bis man innerlich kribbelig wird.
Obwohl Stagnation ein grassierendes Phänomen sei – „stagnancy is viral“ plärrt die anteilig sing-rappende Poetin – stellt sie ihre persönliche Bereitschaft zur Veränderung dagegen. Dabei bezieht sich Greentea Peng auf ihre eigene Entwicklungs-Kurve. Sie selbst sei nicht mehr wieder zu erkennen: „I am not, who I was yesterday, so how do you know me?“
Geht die Platte im „Bali Skit Part 1“ noch sanft los, heulen gegen Ende in der Selbstanalyse „I Am (Reborn)“ prall durchdringende, punkige Riffs auf, während man sich auf dem Weg dorthin manchmal in der Echokammer zwischen Groove Armada und Nightmares On Wax wähnt. Mit den Nightmares hat die Londonerin früher schon Erfahrung beim Kooperieren gesammelt.
„One Foot“ und „Create & Destroy 432“ zünden immer wieder kleine Bass- und Beat-Feuerwerke, zu denen Greentea ihre Stimme hebt. Im letzten Drittel zieht die BPM-Zahl insgesamt an. „Tell Dem It’s Sunny“ metamorphisiert sich in eine Scheibe für die Plattenteller von Underground-Nachtclubs.
Zwar sieht sich Greentea Peng selbst weder im Elektronik- noch Urban-Segment. Viel mehr wünscht sich Aria Rachel Wells, wie sie bürgerlich heißt, als Indie-Alternative-Künstlerin wahrgenommen zu werden.
Einige Phasen der Platte verorten die Londonerin, die ihren Künstlernamen von einem in Peru gekauften Tee hat, jedoch in der Rolle der MC, der Spoken-Word-Songwriterin, die große wortspielerische Textmassen auf Offbeats vorträgt und somit doch irgendwo zwischen Downbeat, Trip-Hop, Ragga, Hip-Hop, Neo-Soul und R&B zuhause zu sein scheint, gleichwohl ihr diese Zuschreibung missfällt.
Doch wie sollte man einen Song wie „Green“, einen der stärksten auf dem Album, auch sonst umschreiben, als mit solchen Etiketten? Auch den hypnotischen Wort-Flow „Raw“ kann man kaum ohne Begriffe aus den Urban-Sparten kategorisieren.
„Tell Dem, It’s Sunny“ fahndet nach den Sonnenseiten. Die Suche nach Licht inmitten von Dunkelheit kann man als lyrisches Über-Thema der Platte verstehen.
Für die Produktion der treibenden Klänge sorgten in erster Linie die Produzenten St. Francis Hotel und Nat Powers. An manchem Punkt verlaufen sich die beiden ins Scheppernde, Plakative und hätten lieber noch einmal einen bass-affinen Remixer darüber bügeln lassen sollen.
Lässt man Jammern auf hohem Niveau aber beiseite, dann liegt hier ein wunderschönes Werk voller Poesie und Spannung vor, ein Meisterstück des Drum and Bass und ein selbstsicheres Statement, das besagt:
So schwierig es ist, seinen eigenen Stil im Umgang mit Krisen zu finden, sollte man sich dabei nicht von außen ablenken oder verwirren lassen.