„Listening to sweet melodies of the Schlager-Hitparade“ – diese Zeile liefert den einzigen Hinweis Sophia Kennedys auf ihre deutsche Sozialisation. Die 36-jährige Art- und Elektro-Pop-Autorin legt mit „Squeeze Me“ ihr vielseitiges drittes Album vor, das zweite auf City Slang.

Sie ist in Baltimore geboren, wuchs dann in Göttingen auf, zog nach Hamburg, werkelte im Netzwerk der Goldenen Zitronen, pendelt mittlerweile zwischen der Hansestadt und Berlin. Darauf, dass sie hier lebt, käme man bei ihren Klängen zwischen French-House- und Drum-and-Bass-Zitaten, antiken E-Orgeln und dubbigen Echos, Broken Beats und warmem Bossa-Downtempo nicht, wenn man von ihrer Biographie nichts wüsste.

Die ehemalige Filmstudentin und Soundtrack-Gestalterin komponiert eingängige und teils fanfarenhafte Melodien, entstanden zusammen mit Co-Produzent Mense Reents, der schon an „Monsters“ Hand anlegte. Die beiden beeindrucken mit rhythmischen Wechseln, Kennedy trägt mit einer sehr natürlichen, unaufdringlichen Stimme vor, und sie textet erfrischend.

Ihre mitunter halluzinogen klingenden Metaphern frappieren. So fährt Sophia Kennedy im Stück „Drive The Lorry“ einen LKW über eine Brücke, so wie andere einen Hund Gassi führen. „Du bist kein Floß, sondern ein Boot, Baby“, malt sie das nächste Bild vor Augen. So manche Formulierung wirkt wie sympathischer Unsinn.

Schon der Einstieg überrascht. Wie eine Kamera-Panorama-Fahrt über ihre schlafende Mutter, deren Nase einem Berg und deren Mund einem See gleiche, fühlt sich die Poesie an. „I ask who God is / but she doesn’t know. / I ask who the boss is – she says: Me!“

Mit solch dunklem, aber augenzwinkerndem Laurie-Anderson-Humor führt Kennedy die Hörer*innen in „Nose For A Mountain“ zunächst an der Nase herum, denn große philosophische Fragen beantwortet der Longplayer definitiv nicht. Es geht viel mehr um Beziehungs-Asymmetrie („wouldn’t it be scary to realize it’s you who needs me?“) in „Feed Me“ und Alltags-Romantik („people kissing in the park“) in „Closing Time“.

Zwischen wonnigem Elektro-Soul der Marke Stones Throw, federnden Brumm-Bässen und unaufhörlichem Spucken der Loop-Maschine mischen sich immer wieder Geräusche, Gebrodel, mal das Quietschen einer Bremsspur, mal Tischtennis-Ping-Pong, Metronom-Ticken und Beat-Tektonik. Inmitten all der lyrik-lastigen Lieder findet sich mit „Upstairs Cabaret“ auch ein höchst atmosphärisches Instrumental.

Die ersten beiden Drittel der Platte landen einen charakterstarken Treffer nach dem anderen. Auch, wenn „Squeeze Me“ nach hinten hinaus ein wenig zerfasert und an Tempo wie auch Stoßkraft verliert, bildet alles zusammen ein stimmiges Gesamtgefüge und liefert gleichzeitig eine Reihe qualifizierter Anwärter auf die ewigen, zeitlosen Tracks des Jahres 2025.

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