Bei steigenden Temperaturen sind Erfrischungen höchst willkommen. Also ab in den „Springbrunnen“! Tauchen wir ein in das neue Album von Dota, die uns schon mehrfach bewiesen haben, dass selbst schwerste Themen ganz frisch und leicht erklingen können.

So hatte sich das Berliner Kollektiv auf „Wir rufen dich, Galaktika“ (2021) mit der Klimakatastrophe beschäftigt. Und Frontfrau Dota Kehr hatte mit ihrer gewohnt filigranen Lyrik spielerisch nach Ausflüchten aus der sich beschleunigenden Zivilisationskrise gesucht.

Auf „Springbrunnen“ erwartet uns zunächst ein ähnliches Setting. Der Opener „Frühling“ beginnt mit sphärischen Klängen, einer leichthin gespielten Gitarrenmelodie und in der Ferne hallenden Percussions – und Kehr besingt den Zauber eines unmöglichen Neuanfangs.

Aus den Tiefen dieses wohlig-warmen Eröffnungsstücks erwachend, wird mit den ersten Takten des folgenden Songs deutlich, dass die Platte jetzt erst richtig Fahrt aufnimmt. Wer beim Albumtitel „Springbrunnen“ noch ein romantisches Idyll erwartete, wird nun schlagartig eines Besseren belehrt.

„Ich will im Springbrunnen baden mit nackten Milliardären“, heißt es im temporeichen – an Wir sind Helden erinnernden – Refrain des gleichnamigen Songs. Ist das nun Eskapismus in Reinform? Oder wird hier ein Szenario für den Vorabend des kapitalistischen Zusammenbruchs skizziert?

Eingedenk eines Augenzwinkerns wohl eher Letzteres. Denn neben den wie immer liebevoll und mit geballter Jazz-Kompetenz komponierten Gefühlsliedern („Das wogende Meer“, „Ein gutes Versteck“), durchweht die neue Platte ein Hauch von Klassenkampf.

Am Politischsten wird es auf „Wenn dir das reicht“, das sich vor allem an die linksliberale neue Mittelklasse wendet, die auf Biogemüse im Kühlschrank und den Elektrowagen in der Garage setzt. „Wenn dir das reicht, ist zu befürchten, dass das alles so bleibt“, lautet das Fazit, was den zuvor angesprochenen Milliardären sicher gefällt.

Und auch sonst erscheint es in hyperpolitischen Zeiten schwer, zum Umsturz des Systems aufzurufen. Trotz kleiner Erfolge – man höre Kehrs Mietenlied anlässlich des Berliner Volksentscheids zur Enteignung von Deutsche Wohnen & Co. – sind die meisten „einfach zu abgelenkt“.

Dass kaum ein Song auf dem Album vergeht, der nicht zum Nachdenken anregt, ist dem virtuosen Sprachspiel Dota Kehrs zu verdanken, welches schon seit 20 Jahren die Landschaft deutschsprachiger Popmusik bereichert.

Mit „Springbrunnen“ legen Dota nun ein feines Meisterwerk vor, das luftig und leicht zwischen charmanten Aufrüttelungen und traumartigen Szenerien changiert – und überdies mit „Kettenkarussell“ einen echten Hit landet.

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Album

Dan & Dota – De Repente Fortaleza

Album

DOTA – In der fernsten der Fernen

Album

DOTA – Wir rufen dich, Galaktika

Login

Werde MusikBlog-Mitglied!

Werde MusikBlog-Fan-Mitglied und du kannst Alben als Favorit markieren und deine eigenen Jahres-Charts erstellen.

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke