Etwas Pathos hat nach gemeisterten Krisen nicht geschadet: Art-Pop-Liebling Patrick Wolf steigt auf „Crying The Neck“ mit Streichern in eine verzagte Hoffnung. Das ist auf absurde Weise dramatisch, aber auch ziemlich heimelig. Die Schwermut steckt im Detail.
Schon der sechsminütige Opener „Reculver“ ist ein Liebesbeweis für widerspenstige Songstrukturen. Der Refrain bauscht sich in Indie-Rock-Höhen, zwischendurch schauen romantische Folk-Streicher vorbei, das Finale tanzt um mittelalterliche Lagerfeuer und irgendwo singt Patrick Wolf mit ordentlich Art-Pop-Pathos über das große Ganze. Dass Wolf – mittlerweile 41 Jahre alt – diesen Song mit 16 Jahren gestartet hat, zeigt sich in seiner Detailverliebtheit.
Gemeinsam mit Zola Jesus schlägt „Limbo“ etwas andere Töne an, eine hoffnungsvolle Gemeinschaftlichkeit strahlt über den Folk-Arrangements. Man mag es kaum glauben, aber ja: Zu Zola Jesus kann man scheinbar auch sehr gut schunkeln.
Diese gemütliche Atmosphäre kommt nicht von irgendwo, denn „Crying The Neck“ produzierte Wolf in einem kleinen Studio in seinem eigenen Garten. Als erstes von vier Alben einer Reihe möchte es einen versöhnlichen Tonfall anschlagen und Hoffnung verbreiten.
Getrieben von Themen wie Trauer, Heimat und heidnischen Ritualen und ausgestattet mit maximal ungewöhnlichen Instrumenten wie Viola, Appalachian Dulcimer, Bariton-Ukulele, Kantale und der Atari geht es mit Wolf also weiter.
„The Last Of England“ könnte tatsächlich auch in einer mittelalterlichen ARD-Serie das dramatische Intro untermalen, „Oozeleum“ gehört eher zu den absurderen Vertretern des Albums. Es flirrt und zischt an allen Ecken und Enden, Wolf bleibt all dem gegenüber unbeeindruckt bei seinen großen Melodien.
„The Curfew Ball“ setzt die Streicher in einen symphonischen Zusammenhang und hebt die Platte gen Konzertsaal.
Irgendwo da haftet die Platte am Ende auch: Wolf kommt mit seinem Timbre nicht ganz aus der Überdramatik heraus, die Songs sind auf eine absurde Weise gleichzeitig konservativer Folk und kreativer Sound-Mix.
Mit „Better Or Worse“ gibt es sogar einen verhältnismäßig lauten und direkten radio-tauglichen Song. Wer also auch nur ein wenig Herz für Folk hat, sollte dieses Album nicht verpassen.