Einsamkeit hat verschiedene Dimensionen. Bekämpft man sie so wie Gavin Rossdale und Bush auf ihrem neuen Album „I Beat Loneliness“, gibt es das Gefühl, sich einsam inmitten anderer vorzukommen.
Die mittlerweile um sich greifende Alters-Einsamkeit mangels tatsächlicher Kontakte oder Befremdnis innerhalb der Nutzung von Social Media witd ebenfalls thematisiert – „I beat the internet“ heißt es im Titeltrack.
Bush fügen eine weitere Einsamkeit hinzu, die psychiatrisch bedingte Einsamkeit mit punktuellen Panikattacken, vorübergehenden Krisen, in denen sich die ganze Welt gegen einen zu verschwören scheint, Paranoia. Jedenfalls verdienen diese Formen den Plural „Scars“, „Wunden, Narben“. Sie eröffnen das Schlachtfeld der einsamen Seelen.
Bush, die Überbleibsel-Gruppe der Grunge-Welle legt – verglichen mit dem ausgewogeneren Vorgänger-Werk „The Kingdom“ aus dem Lockdown-Sommer 2020 und gemessen am langweiligen „The Art Of Survival“ (2022) – nun ein knüppelhartes Album vor, ein dröhnendes, schmetterndes, Schlagzeug- und verstärkerlastiges.
„I Beat Loneliness“ treibt sich auf der dunklen Seite des Lebens herum, wenn „the night comes in“, wie Rossdale im Titelsong unkt. Das Leben sei zerbrechlich wie aus Glas, besagt sein Text in „Footsteps In The Sand“.
Selten nur dürfen die Instrumente frei stehen, etwa ein paar Sekunden lang in „The Land Of Milk And Honey“. Ansonsten textet uns Gavin die Ohren zu, mit dem Nachteil, die Stimmungen der Songs kaum wirken zu lassen. Die zeitlos überdauernden Bush-Hymnen hatten eigentlich immer ihre stillen Momente – hier gibt es sie nicht.
Gavin, der mittlerweile auf die 60 zugeht, sich als Teenie-Schwarm 1996 (zu seinem Leidwesen) noch eines der wenigen Oben-Ohne-Cover auf dem US-Rolling Stone eroberte, ist immer noch der indifferente, ein kleines bisschen heisere und trockene Vertreter des Weltschmerzes, bei dem nicht so recht viel an Ausdruck und Spielarten in der Modulation des Gesangs passiert.
Dadurch riskiert er Langeweile, Monotonie. Beim Thema „Loneliness“ kann man sie freilich als gewollt betrachten. Immerhin, bei „We Are Of This Earth“, einem Lied über Hoffnungslosigkeit, geht der Singer/Songwriter aus sich heraus. Abwechslung hält der Longplayer musikalisch jedenfalls kaum bereit.
Bei Skunk Anansie ließ sich dieses Jahr auf deren „The Painful Truth“ bereits lernen, dass sich in den 1990er Jahren wurzelnder Grunge und Alternative-Rock mit Dance-Elementen aufpolieren lassen, bisweilen einer gealterten Band ein frisches „Image“ verpassen können.
In „I Am Here To Save My Life“ schnuppern Bush ein paar Takte lang in den Dance hinein – ein bisschen nach Bauart von Primal Scream. Und das war es dann aber schon wieder mit Experimenten.
Kathartisch wirkt die Scheibe trotzdem. „Musikalisch will ich so hart wie möglich sein und gleichzeitig so sanft wie möglich“, kommentiert Rossdale das zehnte Album seiner Band, und diesen Grundsatz löst er ein.
„I Beat Loneliness“ durchmisst verschiedene Zustände von Traurigkeit, Resignation und Verzweiflung in sensibel und weise formulierter Lyrik auf den Spuren großer Literaten, wenn man von den eher klischeehaften Zeilen in „60 Ways To Forget People“ absieht, die nahtlos auch auf ein Gothic-Festival passen würden – kleiner Ausrutscher (als Single-Auskopplung macht dieser schwächste Song ohnehin kaum gute Werbung für das insgesamt um einiges bessere Album).
Eine zutiefst melancholische Stimmung, wie sie „Letting The Cables Sleep“ oder „Swallowed“ einst auszeichnete, finden sich insbesondere im Schlussstück „Rebel With A Cause“ und in der wohl besten Darbietung „Don’t Be Afraid“ wieder. Somit bleiben Bush sich treu.