Modern Nature haben ihre Fans nie verwöhnt. Seit 2019 entwerfen Jack Cooper und seine wechselnden Mitstreiter Sounds, die zwischen Jazz, Post-Rock, Folk und Ambient oszillieren. Mal meditativ, mal kryptisch, oft flüchtig.

No Fixed Point in Space“ (2023) war der bisherige Höhepunkt dieser Rastlosigkeit: wunderschön, ja, aber auch ein Album, das man eher studierte als hörte. Jetzt, zwei Jahre später, klingt Cooper nun so fokussiert wie nie: „The Heat Warps“ ist kein radikaler Neuanfang, sondern die lange überfällige Landung.

Der Grund: Aus dem losen Kollektiv ist endlich eine richtige Band geworden. Bassist Jeff Tobias und Drummer Jim Wallis sind geblieben, aber der eigentliche game changer ist Gitarristin Tara Cunningham. Ihr Zusammenspiel mit Cooper ist das Herz des Albums:

Zwei Gitarren, die keine Soli schreien, sondern miteinander flüstern. Man denkt an Talk Talks „Spirit Of Eden“, aber Modern Nature brauchen keine Katharsis. Sie setzen auf Understatement, nicht auf Explosion.

Auch textlich hat Cooper den Nebel gelichtet. Seine alten Themen sind noch da: Natur, Gemeinschaft, gesellschaftliche Brüche, aber diesmal klingen sie dringlicher, weniger verkopft.

„Pharoah“ zum Beispiel rollt mit Motorik-Groove an und stellt Machtverhältnisse infrage, Andrew Weatheralls Mantra im Rücken, dem legendären britischen DJ und Produzenten, der Post-Punk, Techno und Dub miteinander verschmolz: „Fail we may, sail we must.“

In “Radio” schleicht sich eine Slowcore-Melancholie à la Duster ein, während Cooper und Cunningham die brennende Erde und den Kapitalismus beklagen.

„Source“ verwandelt die von Fehlinformationen befeuerten britischen Unruhen von 2024 – Aufstände, die sich gegen Asylsuchende richteten – in eine fragile Hymne von seltener Zartheit.

Und „Totality“, das große Finale, hält die Sonnenfinsternis über New Mexico fest, als stünde die Zeit für einen Atemzug still.

Das Faszinierende an „The Heat Warps“ ist: Es wirkt zugleich offener und kompakter als alles zuvor. Modern Nature setzen auf klarere Songstrukturen, verlieren aber nichts von ihrer Tiefe.

Das Album fordert Aufmerksamkeit und gibt dafür reich zurück. Es ist Musik, die wächst, wenn man sie atmen lässt. In einer Welt, in der Kunst oft wie verzichtbarer Ballast behandelt wird, pocht „The Heat Warps“ auf das Gegenteil: Musik als gemeinschaftliches Erlebnis, als Gegenmodell zur Verrohung, als stiller Optimismus.

Jack Cooper hat seine Band gefunden und seine Stimme gleich dazu. Die neue Platte wirkt wie der logische Kulminationspunkt von Modern Natures bisherigem Schaffen: präzise, hypnotisch, erhaben. Man hört zu, und plötzlich ist alles klar.

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