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Shlohmo – Dark Red

Vier Jahre nachdem Henry Laufer a.k.a. Shlohmo mit seinem Debüt “Bad Vibes” die emsigen Beobachter der elektronischen Szene mehr als befriedigt in euphorischer Hypnose zurückließ, legt der kalifornische Produzent nun mit seinem zweiten Vollwerk “Dark Red” nach. Shlohmo macht Kunst, keine Frage. Die Cover, seine Bilder, das Artwork, der Sound. Allerdings macht er all das nicht aus einer akademischen Warte heraus, sondern aus seinem natürlichen Drang. Zumindest stellt man sich das als Hörer so gern vor.

Bei seinem zweiten Album “Dark Red” verabschiedet sich Shlohmo dann vorsichtshalber gleich ganz von dem Verdacht, dass hier noch irgendwas mit instrumental Hip-Hop zu tun hat. Denn die Platte ist durchweg viel sphärischer, allerdings ohne experimentelle Rhythmen. Das hier ist keine Nachtfahrt, sondern eine Bewusstseinserweiterung. Ein wenig Knistern vom Vinyl kommt zwar in “Emerge from Smoke” vor, aber ein Track wie “Apathy” macht klar, dass das nicht Mittel zum Zweck ist. Sondern Teil des Songs. Alles ist Bestandteil, Struktur, Essenz.

“Ditch” ist dann das endgültige Abtauchen in wunderbare funkelnde Weiten. Hier darf ein Beat ein bisschen mehr vor den Song rücken. Astrales Reisen war noch nie so einfach wie in diesem Moment. Die angedachten Melodien, ihre Bruchstücke, all das fasst Shlohmo auf “Dark Red” sauber zusammen, ohne zu sehr in Spiritualität abzudriften. Ein tiefes Einatmen, eine Phase absoluter Entspannung. So viel Ruhe kennt man sonst nur von japanischen Produktionen wie zum Beispiel Haruka Nakamura. Kollegen von Lapalux feuern da deutlich hektischer auf die Synapsen.

“Dark Red” ist das Album für die Momente, wenn die Sonne hinter der Stadt untergeht und noch ein Haufen Arbeit wartet. Das Album, wenn sich die eigenen Gedanken formen. Homogenität ist dann Stärke und Schwäche des Albums zugleich. Auf der einen Seite ist Shlohmo ein sphärisches, streckenweise hypnotisches Zweitwerk geglückt, das immer wieder andere Bilder vor dem inneren Auge hervorruft, wir in dem einen Moment Molekül im All sind, dann wieder Forscher in einem Elektrodschungel. Andererseits läuft der Musiker aber auch gleichzeitig Gefahr, dass durch den Mangel an unterscheidbaren, echten “Songs” das Album zu einer reinen Hintergrundbeschallung verkommt.

Und das wäre schade, denn wer die Mühe aufbringt, genauer aufzupassen, entdeckt eine ganze Menge Details, für die es sich dann doch lohnt, während der Reise aus dem Fenster zu schauen. Oder eben zu hören.

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