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Erdmöbel – Kung Fu Fighting

Erdmöbel (Matthias Sandmann )Wer als Kind die Bücher vom Kleinen Vampir gelesen hat, der weiß, dass Erdmöbel Sarg bedeutet. Woher das Wort ursprünglich kommt, oder wer es erfunden hat, lässt sich nicht sicher sagen. Selbst der Duden kennt den Begriff nicht. Es ist also eins der schönen, aber unbekannten Worte der deutschen Sprache, von denen die Band Erdmöbel so unglaublich viele in ihren Liedtexten verarbeitet. So auch in ihrem neuen Album “Kung Fu Fighting”, das am 27. September erschienen ist.

Es ist das neunte Album der Band, die 1995 in Münster gegründet wurde und mittlerweile in Köln ansässig ist.  Bevor Markus Berges (Text und Musik, Gesang, Gitarre, Flügelhorn), Ekki Maas (Musik und Produktion, Bass, Gitarre, Posaune, Tenorhorn, Gesang), Wolfgang Proppe (Klavier, Orgel, Akkordeon) und Christian Wübben (Schlagzeug, Gesang) sich in dieser Besetzung zusammengefunden und deutschen Indie-Pop als ihren Musikstil entdeckt haben, sammelten alle zunächst einmal Erfahrungen mit englischsprachiger Popmusik. Markus Berges und Christian Wübben spielten zusammen bis Anfang der 90er unter dem Namen The Coffins, hier klingt schon der spätere Bandname Erdmöbel durch. Ekki Maas war bis 1992 Leadsänger bei der Band Flying Toasters und gründete nach deren Auflösung 1993 die Band Frying Time, bei der auch die späteren Erdmöbel Mitglieder Wolfgang Proppe und Markus Berges einstiegen.

Lyrische Musikrätsel

2010 sorgten Erdmöbel mit ihrem letzten Album “Krokus” für Aufsehen. Plötzlich wurde die Band in den Feuilletons der großen Zeitungen hochgelobt und schaffte es sogar bis ins ZDF Heute Journal mit Claus Kleber, der verwundert zugeben musste: „Sie werden das, was jetzt kommt, möglicherweise nicht verstehen. Ich hab’s jedenfalls nicht verstanden.“ Und genau dieses Nicht-Verstehen, macht Erdmöbel einzigartig. Markus Berges schreibt Texte, die so poetische Worte enthalten wie “Heimwehheim” oder “Wolframfaden” und beim ersten Hören wenig Sinn ergeben. Und auch beim zweiten Mal erscheint der Text noch wirr und lässt jede Menge Raum für eigene Interpretationen. Die Melodie ergänzt die Worte und überrascht den Zuhörer dadurch, dass sie nicht unbedingt hält, was die Worte versprechen. So ist zum Beispiel der siebte Song auf der Platte mit dem Titel “Der Club der senkrecht Begrabenen” alles andere als ein Beerdigungslied, sondern ganz im Gegenteil: tanzbarer, fröhlicher Gitarren-Pop, der hin und wieder von Bläser unterstützt wird.

Zwar klingen auf der Platte “Kung Fu Fighting” immer mal wieder melancholische Sequenzen an, aber grundsätzlich ist das neue Album viel lebhafter als “Krokus” war. Der Titelsong “Kung Fu Fighting” ist nicht einfach nur eine deutsche Übersetzung des Originals von Carl Douglas aus dem Jahre 1974. Der Originalsong schimmert mehr als ferne Erinnerung durch, die in einem sanft zitierten “Wo-ho-ho-ho” ihren Höhepunkt erreicht und den Zuhörer schmunzeln lässt. Es sind poetische Musikrätsel die Erdmöbel ihren Zuhörern aufgeben, aber nie aufzwingen.

Eine alltägliche Reise an ungewöhnliche Orte

Im Laufe der 11 Lieder begeben Erdmöbel sich auf eine Reise aus alltäglichen Situationen, skurrilen Begebenheiten, an nahe und völlig abwegige Orte. Von Korinth geht es nach Bromley, Wien, Wales, über Zollstock und Duisburg bis Shenzen und Mumbai. Bei Song Nummer zehn mit dem Titel “Jede Nacht” reist eine Dame mit, und zwar die Moderatorin und Schauspielerin Désirée Nosbusch. In den 80er hat sie gemeinsam mit Falco “Kann es Liebe sein” gesungen, aber mehr musikalische Erfahrungen hatte sie bisher nicht vorzuweisen. Stimmlich passt sie gut zu Erdmöbel und gemeinsam haben sie ein Liebeslied erschaffen, das – wie nicht anders zu erwarten bei Erdmöbel – nicht einfach zu fassen ist, ein bisschen sperrig, aber wunderschön.

Zur Zeit sind Erdmöbel selbst auf Reise gegangen, denn sie touren noch bis Februar quer durch Deutschland. Sie werden unter anderem in Köln, Berlin, München, Hamburg und Frankfurt auftreten.

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Eine Antwort

  1. Erdmöbel kommt aus dem DDR-Deutsch. Sargtischlereien waren zu unoptimistisch und wurden also in Volkseigener Betrieb Erdmöbel umbenannt. Auch in den Wirtschaftsplänen wurde so der “traurig-negative” Begriff vermieden und die fleißigen Tischler rechneten ab: soundso viel Stück Erdmöbel produziert.

    Tolles Album übrigens. Und überhaupt nicht traurig.

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