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DŸSE – Das Nation

Wenn der erste Song einer Platte „Waldbart“ heißt, liegt der Gedanke nahe, dass es sich dabei um eine Metal-Verarsche von Stumpen und seiner Kapelle Knorkator handelt. Stimmt in diesem Fall aber nicht, denn dieses Stück ist der Einstieg in das neue Album von DŸSE, die auch schon 2007 beim selbstbetitelten Debut und 2009 auf dem Nachfolger „Lieder sind Brüder der Revolution“ ihren Songs Titel wie „Zebramann“ gaben.

“Das Nation” ist nun der dritte Streich des aus Andrey Dietrich (Gitarre, Gesang) und Jarii van Gohl (Schlagzeug, Gesang) bestehenden Duos, welches sich 2003 zufällig in einer Amsterdamer Herberge über den Weg lief. Die richtige Zeit und der richtige Ort, um ein gemeinsames Projekt auf den Weg zu bringen. Das Dysecatmotel stand als Namensgeber Pate und zügig erschien 2004 die Debutsingle „Honig“. Ein gutes Jahrzehnt später steht neben diversen 7 Inches und ihren beiden Longplayern auch der Ruf exzellenter Live Shows in der Band-Vita.

Der Versuch, die Musik der Männer aus dem Osten Deutschlands in eine Schublade zu quetschen, gleicht einem aussichtslosen Unterfangen. Die Gitarren werden durch diverse Verstärker gejagt, mal wird ein dicker Groove-Teppich untergelegt, mal gibt es den Break an der unmöglichsten Stelle. Das Schlagzeug hämmert genauso gnadenlos wie der Gesang krächzt, wobei dieser wohlig an den der zu früh von uns gegangenen Leipziger Grind-Core Heroen The Art Of The Legendary Tishvaisings erinnert. Die Protagonisten selbst fassen den Klang ihrer Produkte so zusammen: „Der Takt läuft in unseren Köpfen im Grunde genommen ab wie ein Film. Je öfter man den gesehen hat, desto mehr Passagen kann man mitsprechen. Wir zählen da nichts mehr mit, sondern haben den Rhythmus verinnerlicht“  Das ist radikal, klug und ganz im noisigen Geist von Helmet oder Big Black.

“Das Nation” bietet jetzt eine gereifte Variante mit den bewährten Zutaten, was vor allen Dingen eines bleibt: Kompromisslos. Vom Start weg geht es wild und wütend zur Sache, wer bei sachgemäßem (= Lautstärkeregler auf Anschlag) Hören von „Nackenöffner“ kein Schleudertrauma davonträgt, ist selber schuld. Der A-Capella Einstieg bei „Spinne“ ist ein Knaller, das in Zeitlupen-High-Noon-Stimmung beginnende „Hans“ mündet mehrstimmig mit dramatischem Chor in dem wahrscheinlich besten Seemanns-Gassenhauer seit „Draußen auf dem blauen Meer“ (natürlich nur in der Interpretation von Stereo Total). „Dysenation“ gibt dem Break-Beat eine neue Dimension, aus dem Nichts wird das Stück zum Bläsersatz gestützten Volksliedgut – ganz im Sinn seines Textes: „Drum heb das Glas/Schenk ein/ Lass die anderen Schublade sein”.

Das Beste zum Schluss: Das Brett „Sie ist Maschin“ hat zweifellos das Zeug zum Hit. Wenn die beiden Herren „Sie ist sechs Meter hoch/Und Sie ist 6 Meter breit/Sie ist 6 Tonnen schwer/Sie ist Maschin“ schreien, wird es in keinem Moshpit der Welt ein Halten geben.

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