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Was die Radiosender machen, finde ich heftig – Olli Banjo im Interview

Olli Banjo - IVEr zählt mittlerweile zu den Legenden des deutschen Rap. Seit über zehn Jahren macht Olli Banjo erfolgreich Musik und hat gerade sein sechstes Studioalbum veröffentlicht. Vor seinem Auftritt im Lux in Hannover traf MusikBlog den in Köln lebenden Rapper und sprach mit ihm über sein neues Album, sein Rockprojekt “Wunderkynd” und die Verweigerung der Radiostationen gegenüber Rapmusik.

MusikBlog: Dein neues Album heißt “Dynamit”. Wie kam es denn zu dem Titel?

Olli Banjo: Ich hatte irgendwann den Song “Dynamit” mit einer afrikanischen Hook fertig und dachte, dass das auch zu dem Comeback nach vier Jahren passt, also zurück zu sein mit einem Urknall. Und dann dachte ich: Warum denn noch weiter nach einem Titel suchen, wenn das Gute so naheliegend ist?

MusikBlog: Das ist auf jeden Fall ein plakativer Titel, was für dich eigentlich ungewöhnlich ist. Aber es gab ja noch eine weitere Neuerung auf “Dynamit”, denn du hast fast das ganze Album selbst produziert. War das für dich eine Umstellung?

Olli Banjo: Ja, absolut. Deswegen bin ich auf jeden Fall doppelt so stolz auf die Platte. Es war aber vor allem auch gegen Ende als die Platte fertig gestellt wurde, doppelt so viel Stress, weil man auch für die Musik zuständig ist, den Mixer hochbouncen muss und so weiter. Insofern habe ich die ganze Bandbreite abgekriegt, aber es hat trotzdem Spaß gemacht.

MusikBlog: Wie lange hat es denn gedauert, das Album fertigzustellen? Wenn man das meiste alleine macht, kann es sich ja schon mal ziehen.

Olli Banjo: Es ist echt schwer zu sagen, wie lange es gedauert hat. Es war ein ständiger Prozess, in dem ich auch an meiner Rockplatte “Wunderkynd” gearbeitet habe und zwischendurch habe ich immer Beats gemacht und Texte geschrieben. Das hat sich mehrere Jahre gezogen und irgendwann war die Platte fertig.

MusikBlog: Also hast du die ganzen letzten vier Jahre daran gearbeitet? Dein letztes Album “Kopfdisco” erschien ja 2010.

Olli Banjo: Ich habe halt nicht an einem Stück dran gearbeitet, sondern immer etappenweise. Deswegen hat es schon sehr lange gedauert. Sonst hat man ja oft einen Zeitraum, in dem man das Album schreiben möchte, zum Beispiel in einem halben Jahr, und das war dieses Mal gar nicht der Fall. Es gab keinen Zeitstress und deswegen ist das Album auch so geil geworden.

MusikBlog: Ich finde auch, dass das Album sehr “ausgeruht” wirkt.

Olli Banjo: Ja, auf jeden Fall. Es ist ohne Druck entstanden und ich glaube, man spürt der Platte auch die Freude an, dass ich mich musikalisch ausleben durfte.

MusikBlog: Das merkt man vor allen Dingen bei “Mädchen aus den Slums”, was auf eine große Resonanz gestoßen ist. Wie kam es zu dem Song?

Olli Banjo: Das ist eine Story über meine Exfreundin. Ich hatte den Beat irgendwann fertig und hatte Lust ein Liebeslied zu schreiben. Es sollte nicht negativ sein. Eigentlich wollte ich ein positives Lied schreiben und zeigen, dass man sich auch in jemanden verlieben kann, der gar nicht so gut für einen selber ist.

MusikBlog: Gedreht habt ihr das Video zu dem Song in Los Angeles. Wie war es denn da? Ihr wart ja zum Beispiel auch in Compton.

Olli Banjo: Alle haben uns gesagt: “Fahrt bloß nicht nach Compton, schon gar nicht mit einem Mietwagen.” Wir hatten so einen riesigen Busmietwagen, also hat jeder gesehen, dass wir nicht aus Los Angeles kommen. Wir sind dann aus Versehen nach Compton und Watts gefahren, wo man eigentlich gar nicht rein soll und haben auch die ganz berühmte Straße aus dem N.W.A.-Video gesehen und hatten ein bisschen Angst. Es war aber eigentlich gar nicht so gefährlich, wie man dachte. Da sind nur irgendwelche Rentner mit ihren Trolleys rumgefahren. Es war auf jeden Fall eine geile Erfahrung. Wir hatten ein Haus gemietet in Venice Beach, haben eine Schauspielerin für die Videos gecastet und es waren einfach supergeile drei Wochen.

MusikBlog: Die Schauspielerin war Juelz Ventura. Wie kam da der Kontakt zustande?

Olli Banjo: Das kam über eine Agentin zustande. Wir hatten verschiedene Schauspielerinnen gecastet, aber da war nie das Optimale dabei. Eine Agentin aus Hollywood hat uns da geholfen und den Kontakt zu Juelz hergestellt.

MusikBlog: Du hast eben schon “Wunderkynd” angesprochen. Das Album sollte eigentlich dieses Jahr kommen. Wie sieht es denn da aus?

Olli Banjo: Die Platte ist in den Endzügen. Die Songs stehen und jetzt geht es um die Produktion und darum, den Sound zu perfektionieren und einheitlich zu gestalten. Das wird noch mal ein Stück Arbeit, aber das Album wird toll. Ich bin sehr glücklich mit dem ganzen Team. Wann es raus kommen wird, kann ich aber noch nicht sagen.

MusikBlog: In der öffentlichen Wahrnehmung bist du ja eher ein Hip-Hopper. Verstehst du dich selbst auch als Rapper, oder ist dir das eigentlich egal und du machst einfach die Musik, auf die du Lust hast?

Olli Banjo: Auf jeden Fall das Zweite. Klar, bin ich Rapper und Hip-Hopper, aber ich sehe mich als Musiker und ich habe auch keine Scheuklappen auf . Ich höre viel andere Musik, bin auch mit anderer Musik aufgewachsen. Deswegen sehe ich mich kompletter und nicht nur als Rapper.

MusikBlog: Dann findest du die aktuelle Entwicklung im Hip-Hop wahrscheinlich gar nicht schlecht, oder? Manche Leute sagen ja, dass Rapper wie Casper oder Cro den Hip-Hop-Sound verwaschen würden, weil es zum Beispiel radiotauglicher klingt.

Olli Banjo: Ich habe ja auch einen Song, der radiotauglich ist: “Mädchen aus den Slums”. Das Verrückte ist aber, dass ich mit meinem Radiopromoter geredet habe und der gesagt hat, dass viele Radioredakteure den Song super finden, ihn spielen wollen, aber von oben gesagt bekommen, dass sie keinen Hip-Hop spielen dürfen. Es werden nur Ausnahmen gemacht, wie zum Beispiel Cro. Ansonsten ist die Ansage von oben offiziell: Kein Rap! Ich finde, dass das ein Skandal ist. Ich bin geschockt und kann allen Rappern sagen: Scheiß auf’s Radio! Im Prinzip wäre es ja toll, weil Radio eine wunderbare Sache ist. Wenn das aber stimmt, was ich von meinem Radiopromoter gehört habe, dann ist das einfach ein Skandal. Da sollten alle Künstler und alle Hip-Hopper aufstehen und fragen: Wo ist denn diese Deutschquote? Wo unterstützt ihr denn junge, deutsche Künstler? Die Rapszene kannst du nicht einfach vernachlässigen und die können mir nicht erzählen, dass Hip-Hop-Fans kein Radio hören. Na ja, was heißt “Scheiß auf’s Radio”? Eigentlich bin ich ja Radiofan, also meine ich das nicht so. Es hat mich aber schon ganz schön mitgenommen.

MusikBlog: Zumal wir hier nicht über Gangsta Rap reden. Auf deiner Platte geht es ja eher gesittet zu.

Olli Banjo: Die müssen ja auch nicht mal eine komplette Platte spielen. Wenn aber ein Redakteur sagt, dass das sein Lieblingslied ist und seine Freundin den Song zehn mal am Tag hört, er den Song aber nicht spielen darf, dann finde ich das einfach superkrass. Und der Song ist ein Hit. Mir hat jeder gesagt, dass das Ding im Radio laufen muss. Viele Grüße an dieser Stelle an Puls, einen Radiosender aus Bayern. Die haben den Song auf Heavy Rotation genommen, da bedanke ich mich ganz herzlich für. Was andere Radiosender machen, finde ich aber schon heftig.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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