Lana Del Rey ist kein Popsternchen wie jedes andere. Statt stets gute Laune zu verbreiten und Sommerhits abzuliefern, versteht sich Elizabeth Grant – so ihr bürgerlicher Name – darauf, den Soundtrack für die traurigeren Stunden zu liefern. Gepaart mit einem gewissen Maß an Morbidität (dem Guardian gab sie zuletzt zu Protokoll, dass sie gerne tot wäre) begründet sie ihre eigene Nische in der Popmusik.
Wir haben in ihr die Schuldige für das wieder erkaltete Wetter gefunden, denn eines steht fest: Die Veröffentlichung ihres neuen Albums „Ultraviolence“ vertrüge sich nicht mit Sonnenschein. Auf ihrer zweiten Platte untermalt sie regnerische Nachmittage besser denn je.
Im Gegensatz zu ihrem Erstling „Born To Die“ wurden alle überflüssigen Elemente im Sound verbannt. Diese Reduktion steht ihr, besinnt man sich so schließlich auf das Wichtigste: dem melancholischen Schmelz in Lana Del Reys Stimme.
Dan Auerbach von den Black Keys produzierte das Album mit und verstellte die Regler richtig: Die Vocals wurden in ein nebulöses, hauchendes Gewand gekleidet. Untermalt wird dies von lässigen Gitarrenmelodien, die nicht allzu kopflastig eingesetzt werden. Sie klingen vielmehr, als wären sie beim Aufnehmen intuitiv einfach so entstanden.
Am ehesten zu vergleichen sind sie vielleicht mit den ruhigeren Songs auf „AM“ von den Arctic Monkeys, die mit ihrem Stilwechsel hin zu amerikanischen Gitarren aus der staubigen Wüste bekanntermaßen große Erfolge feiern.
Ob bewusst oder unbewusst, Lana Del Rey vereinnahmt dieses Konzept für den Pop. Das bedeutet, dass sie einerseits eingängige Melodien liefert, die nicht aus der Zeit des 21. Jahrhunderts fallen, und gleichzeitig ein Vintage-Moment bedient, durch das man sich „Ultraviolence“ gut im Kontext eines Bierchens bei Sonnenuntergang auf irgendeiner Terrasse in Arizona vorstellen kann.
Lyrisch bewegt sie sich im Bereich des Klageliedes. „Cruel World„, „Sad Girl“, „Pretty When You Cry“ – die Songtitel zeigen, was einen erwartet. Stimmlich wendet sie sich stärker den Höhen zu als früher – und das steht ihr überraschend gut.
Schließlich fährt sie mit dem Radio Mix von „West Coast“ mit einem absoluten Riesenhit auf (an den die Albumversion des Songs leider nicht heranreicht). Was Auerbach da – vor allem im Chorus – aus seiner Klampfe zaubert, ist fantastisch. Lana Del Reys verträumte Vocals tun ihr Übriges.
Das schwierige zweite Album ist ihr somit geglückt. Noch dazu hat sie „Born To Die“ übertroffen. Hoffen wir, dass ihre Todessehnsucht in Wirklichkeit doch nicht allzu groß ist und sie uns noch einige Jahre erhalten bleibt, um uns mit ihrer Musik zu verzücken.